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[Wer­bung] Kuh­traits

felix schwenzel

Wenn man sich so auf Ebay um­guckt könn­te ei­nem der Ge­dan­ke kom­men, dass Por­traits von Kü­hen ein gros­ses Ding sind. Je­den­falls ein grös­se­res Ding als, Por­traits von Fern­se­hern.


[Für die Er­stel­lung und Be­wer­bung von ein paar Ebay-Kol­lek­tio­nen habe ich ein (pau­schal) Ho­no­rar be­kom­men. Et­was mehr zu den Ebay-Kol­lek­tio­nen habe ich hier ge­schrie­ben.]


na­vid ker­ma­ni über deutsch­land

felix schwenzel

star­ke, sehr, sehr tol­le rede von na­vid ker­ma­ni im deut­schen bun­des­tag. lenz ja­cob­sen über­schlägt sich in der zeit vor lob, völ­lig zu recht, und ich bin si­cher, dass das lob in den nächs­ten ta­gen nicht ab­eb­ben wird.

die rede ist hier im wort­laut nach­zu­le­sen und hier kann man sie sich an­se­hen (ker­ma­ni fängt so un­ge­fähr bei 17 mi­nu­ten an zu re­den).

ich habe mir zwei zi­ta­te raus­ge­pickt, die ich be­son­ders gut fand, was na­tür­lich kei­ne su­per-tol­le idee ist, weil die rede na­tür­lich nur im gan­zen funk­tio­niert (und mir im gan­zen sehr aus dem her­zen spricht):

Wie froh müs­sen wir sein, daß am An­fang der Bun­des­re­pu­blik Po­li­ti­ker stan­den, die ihr Han­deln nicht nach Um­fra­gen, son­dern nach ih­ren Über­zeu­gun­gen aus­rich­te­ten.

Die­ser Staat hat Wür­de durch ei­nen Akt der De­mut er­langt.


kri­tik-kri­ti­ker kri­tik

felix schwenzel

da wird das rad neu er­fun­den wird ein tol­les pro­jekt prä­sen­tiert und statt in dank­bar­keit und eu­pho­rie zu er­star­ren, be­mä­kelt die netz­öf­fent­lich­keit das vor­ha­ben.

ei­ni­ge wun­dern sich zum bei­spiel, war­um nicht aus­rei­chend ser­ver­ka­pa­zi­tä­ten be­reit ge­stellt wur­den, da­mit die sei­te nicht am ers­ten tag zu­sam­men­bricht. bei ein paar zah­lungs­wil­li­gen wird die zah­lung nicht ak­zep­tiert und wie­der an­de­re wun­dern sich, dass so we­ni­ge frau­en bei dem pro­jekt mit­ma­chen.

die­se netz­öf­fent­li­che kri­tik (auch von mir) war, so­weit ich das mit­be­kom­men habe, dif­fe­ren­ziert und wohl­wol­lend. mal mehr, mal we­ni­ger.

die kri­tik scheint auch ziem­lich schnell ge­wirkt zu ha­ben, es wird stel­lung be­zo­gen, dis­ku­tiert und bes­se­rung an­ge­kün­digt.

trotz­dem rief die kri­tik dann aber auch gleich die schnapp­at­mer auf den plan. die sind em­pört, wie man als „nicht-ma­cher“ („mach doch erst­mal selbst was“) leu­te kri­ti­sie­ren könn­te, die „end­lich mal“ was ma­chen. of­fen­bar ist es im­mer noch nicht be­kannt, dass nur spit­zen­kö­che sich über ver­sal­ze­ne sup­pen be­schwe­ren dür­fen.

mar­cus brown be­klagt sich bei­spiels­wei­se bit­ter über die trol­lerei und das „mun­da­ne whi­ning“ der „netz­ge­mein­de“ und mar­tin wei­gert fürch­tet, dass „ver­früh­te“ kri­tik das zar­te kraut­pflänz­chen ka­putt­ma­chen könn­te oder die po­si­ti­ve sog­wir­kung des tech­no­lo­gie-stand­orts deutsch­land ge­fähr­den könn­te.

da­bei ist das ge­gen­teil der fall. durch kri­tik kön­nen din­ge bes­ser wer­den. kri­tik ist auch ein tol­ler stress-test: wie gut kön­nen leu­te un­ter druck ar­bei­ten? hal­ten sie dem druck der öf­fent­lich­keit stand? kön­nen sie kri­sen­kom­mu­ni­ka­ti­on? sind sie lern­fä­hig? kön­nen sie re­le­van­te kri­tik von quatsch un­ter­schei­den? sind sie sou­ve­rän und von ih­rem pro­jekt über­zeugt?

min­des­tens ei­ner der künf­ti­gen kraut­re­por­ter hat auch schon früh­zeitg er­kannt, dass man sei­ne ei­ge­nen de­fi­zi­te und schwä­chen her­vor­ra­gend von drit­ten ver­ti­ku­lie­ren las­sen kann — wenn man denn will. peer scha­der sagt in sei­nem kraut­vi­deo (fet­tun­gen von mir):

ich glau­be, der gros­se vor­teil von on­line ist na­tür­lich tat­säch­lich, dass ich die mög­lich­keit ei­nes feed­backs habe. das heisst als jour­na­list muss ich mich na­tür­lich dar­auf ein­stel­len, dass ich eins um die oh­ren be­kom­me, weil die le­ser im zwei­fel auch schlau­er sind als ich und was dazu bei­tra­gen kön­nen, aber das stärkt ja im grund ge­nom­men nur das pro­dukt. weil mein job is­ses mög­lichst viel raus­zu­fin­den. des­halb rede ich mit fach­leu­ten, aber wenn die leu­te gleich­zei­tig le­ser sind, hab ich da ja kein pro­blem mit. das ist ja im ge­gen­teil ganz wun­der­bar. dann kön­nen die auch was dazu bei­tra­gen, dass die ge­schich­te bes­ser wird, oder dass ich beim nächs­ten mal weiss, dass die ge­schich­te bes­ser wird — oder was än­dern kann.

im grund ge­nom­men ist ein gros­ser teil mei­ner re­cher­che im­mer wie­der das feed­back, das ich von den le­sern be­kom­me, die ein­fach na­tür­lich viel brei­te­res wis­sen ha­ben oder ein­fach auch an or­ten sind, wo ich nicht so schnell hin­kom­me.

sehr vor­aus­schau­end der peer. gu­ter mann (kei­ne iro­nie). al­lein für den, lohnt es sich 5 euro im mo­nat zu in­ves­tie­ren. das mach ich dann auch, so­bald die kraut­re­por­ter ihre ver­kack­te be­zahl-tech­nik im griff ha­ben.


kaum kraut­re­por­te­rin­nen

felix schwenzel

weil ich heu­te nen 129-zei­chen-witz ge­macht habe, über die un­ter­re­prä­sen­tie­rung von frau­en in der ge­plan­ten kraut­re­por­ter-re­dak­ti­on (22:6), wei­ter un­ten noch ein paar er­gän­zen­de wor­te dazu:

soll­te die­ses kraut­re­por­ter-dings schei­tern, wird in 6 mo­na­ten ein er­neu­ter ver­such ge­star­tet un­ter dem na­men kraut­re­por­te­rin­nen.

— fe­lix schwen­zel (@di­plix) 13. mai 2014

ich habe es nur mit hal­ben ohr mit­be­kom­men, aber auf twit­ter und ein paar kom­men­tar­spal­ten war ich nicht der ein­zi­ge, der die­ses auf­fäl­li­ge un­gleich­ge­wicht in der ge­plan­ten re­dak­ti­on fest­ge­stellt hat. die dis­kus­sio­nen auf twit­ter gin­gen dann wohl an man­chen stel­len in die rich­tung, dass hin­wei­se auf die­ses auf­fäl­li­ge un­gleich­ge­wicht ir­gend­wie mies­muf­fe­lig und ver­krampft po­li­tisch-kor­rekt wirk­ten.

ich stel­le mir da ne ganz an­de­re fra­ge; wenn ich eine oder meh­re­re be­stimm­te ge­sell­schaft­li­che grup­pen um un­ter­stüt­zung bit­te, soll­te ich dann nicht we­nigs­tens ver­su­chen den ein­druck zu er­we­cken, dass ich mich für die­se grup­pe et­was mehr als zu 21 pro­zent in­ter­es­sie­re?

ich fin­de die fra­ge nach dem frau­en­an­teil auch gar nicht irre po­li­tisch oder eine fra­ge nach „kor­rekt­heit“, son­dern eher eine nach den ei­ge­nen zie­len und den leu­ten die man an­spre­chen möch­te. für leicht adi­pö­se, mit­tel­al­te, re­la­tiv gut ge­bil­de­te, in­ter­net­af­fi­ne, weis­se mit­tel­schicht­män­ner ver­spricht kraut­re­por­ter beim blick auf die re­dak­ti­ons­mit­glie­der ein span­nen­des dings zu wer­den. des­halb habe ich mich auch gleich zum start ver­sucht als un­ter­stüt­zer ein­zu­tra­gen (vor­erst aus tech­ni­schen grün­den ge­schei­tert).

aber wenn man in­ter­es­se und ver­trau­en aus­ser­halb die­ser et­was be­grenz­ten ziel­grup­pe er­zeu­gen will, müs­sen die 22 kraut­re­por­ter und 6 kraut­re­por­te­rin­nen wohl noch ein biss­chen über­zeu­gungs­ar­beit leis­ten. denn wenn man schon in der start­auf­stel­lung klar zeigt, dass man kein über­mäs­sig gros­ses in­ter­es­se an der be­tei­li­gung von frau­en hat, kann es eben auch pas­sie­ren, dass frau­en kein über­mäs­sig gros­ses in­ter­es­se an der un­ter­stüt­zung ei­nes sol­chen vor­ha­bens ha­ben.

wolf­gang lü­nen­bür­ger sieht das et­was ra­di­ka­ler, hat aber eine (hypo-) the­se, die ich nicht völ­lig ab­we­gig fin­de:

Denn die Be­reit­schaft von Frau­en, sich zu en­ga­gie­ren und zu be­tei­li­gen, ist ein ziem­lich gu­ter In­di­ka­tor für [die] Un­doof­heit [ei­nes Vor­ha­bens], so ist mei­ne Er­fah­rung.

und jetzt guck ich wei­ter mad men.


[nach­trag 14.05.2014]
lo­renz matzat: Fünf Grün­de, war­um ich von dem Kraut­re­por­ter-Kon­zept ent­täuscht bin


Auf Face­book dis­ku­tie­ren @di­plix, @Chris­tophKap­pes, @an­na­list, @Nico und an­de­re über @kraut­re­por­ter. In­ter­es­sant: on.fb.me/T179kM

— Si­mon Hurtz (@Si­mon­Hurtz) 14. mai 2014


[nach­trag 14.05.2014, 15:01]
neu­es/er­wei­ter­tes FAQ im kraut­re­por­ter blog :

Q: War­um gibt es nur sechs Frau­en, aber 19 Män­ner un­ter den Au­toren?
A: Es stimmt: Wir ha­ben es in der Vor­be­rei­tungs­pha­se ver­säumt, auf mehr mehr Viel­falt in der Re­dak­ti­on wie zum Bei­spiel ein aus­ge­gli­che­ne­res Ver­hält­nis von Män­nern und Frau­en im Team zu ach­ten. Das wird uns in Zu­kunft nicht mehr pas­sie­ren, und wir wer­den das Un­gleich­ge­wicht be­rück­sich­ti­gen, wenn das Pro­jekt rea­li­siert wird und wir die Re­dak­ti­on er­wei­tern.


wie ich lern­te die über­wa­chung zu lie­ben

felix schwenzel

das ist, auf viel­fa­chen wunsch, die ver­schrift­lich­te ver­si­on mei­nes vor­trags auf der re­pu­bli­ca 2014.
die auf­zeich­nung des vor­trags vom 8. mai liegt hier auf you­tube.


diens­tag habe ich mir den vor­trag von frie­de­mann ka­rig an­ge­se­hen.
das the­ma hiess „Über­wa­chung macht im­po­tent!“ – Neue Nar­ra­ti­ve ge­gen Über­wa­chung

youtube-video laden, info, direktlink


war ein gu­ter vor­trag, al­ler­dings war die ein­le­tung et­was lang.

die ein­lei­tung hat un­ge­fähr 49 mi­nu­ten ge­dau­ert.

dem ei­gent­li­che the­ma, „Neue Nar­ra­ti­ve ge­gen Über­wa­chung“, hat fried­mann ka­rig dann 5 oder 10 mi­nu­ten ge­wid­met. un­ter an­de­rem hat er dann 3 neue (beta) nar­ra­ti­ve prä­sen­tiert.

für mei­nen vor­trag hat­te ich auch ne irre lan­ge ein­lei­tung.

das the­ma der ein­lei­tung war angst. und zwar, dass wir alle angst ha­ben. die re­gie­run­gen vor ter­ror­an­schlä­gen, die si­cher­heits­be­hör­den vor dem er­neu­ten ver­sa­gen und ih­rer ei­ge­nen in­komp­tenz, wir vor dem staat der of­fen­bar die de­mo­kra­tie zer­stö­ren will und es nicht schafft uns zu schüt­zen.

wo­bei wir auch sehr an­spruchs­voll sind:

  • wir wün­schen uns si­cher­heit vor dem staat, also star­ke grund­rech­te.
  • wir wün­schen uns aber auch ei­nen star­ken staat mit ef­fek­ti­ven er­mitt­lungs­be­hör­den. wenn es zum bei­spiel um die ver­hin­de­rung von nazi-auf­läu­fen geht, oder die auf­klä­rung oder ver­hin­de­rung der ta­ten von nazi-mord­ban­den geht.
  • bis jetzt wa­ren wir, wie un­se­re eu­ro­päi­schen nach­barn, ganz froh, aus­sen­po­li­tisch nicht all­zu sou­ve­rän zu sein, neu­er­dings wün­schen wir uns aber ein star­kes deutsch­land, ein deutsch­land, dass uns si­cher­heit vor aus­län­di­schen ge­hei­men mäch­ten bie­ten kann.

aber vor al­lem war das the­ma der ein­lei­tung, die ich ges­tern auf an­ra­ten mei­ner frau kom­plett aus dem vor­trag ge­wor­fen habe, dass wir alle kei­ne ah­nung ha­ben.

Wir lau­fen der Zeit hin­ter­her und wis­sen über­haupt nicht, wie wir als Ge­sell­schaft mit die­sen tech­no­lo­gi­schen Ent­wick­lun­gen um­ge­hen sol­len.
— Juli Zeh

die­ser satz von juli zeh ist üb­ri­gens eine ele­gan­te um­for­mu­lie­rung ei­nes be­kann­ten aus­spruchs un­se­rer bun­des­kanz­le­rin. juli zeh spricht ei­gent­lich von #neu­land.

ich glau­be wir hät­ten die­sem mer­kel-wort nicht mit ar­ro­ganz und in­ter­net­ver­ste­her-ober­che­cker­tum be­geg­nen sol­len. son­dern mit ei­nem ein­ge­ständ­nis:

stimmt. das in­ter­net ist neu­land. auch für uns. wir lau­fen nicht nur den tech­no­lo­gi­schen ent­wick­lun­gen hin­ter­her, son­dern auch den ge­sell­schaft­li­chen — und zwar wir alle, nicht nur die po­li­tik.

.@di­plix steckt die #rp14 in Brand - bild­lich und ver­bal! Ku­dos! pic.twit­ter.com/vcpt4qtNhS

— Til­man (@two­ne2) May 8, 2014

wir ste­hen vor ei­nem wald, der in flam­men steht und sind scho­ckiert, dass die­ser wald den wir jah­re­lang ge­hegt und ge­pflegt und ge­liebt ha­ben, plötz­lich li­cher­toh brennt.
wir ste­hen da­vor und fra­gen uns wie das pas­sie­ren konn­te.
ne­ben uns ste­hen men­schen, die tan­zen und sich freu­en, dass nur der wald brennt und nicht ihre hüt­ten am wald­rand.

ir­gend­wo steht sa­scha lobo und schreit:

tut doch was! ir­gend­was! spen­det der feu­er­wehr geld! los! tut was!

was ich sa­gen will:

  • wir wis­sen nicht wie es pas­sie­ren konn­te.
  • wir wis­sen nicht was pas­siert ist.
  • wir wis­sen nicht was wir da­ge­gen tun kön­nen und vor al­lem ge­gen wen oder was wir kämp­fen sol­len.
  • wir wis­sen nicht wie wir aus dem schla­mas­sel wie­der raus­kom­men sol­len.
  • uns ist — wenn wir ehr­lich sind — das la­chen über mer­kels #neu­land-spruch im hals ste­cken ge­blie­ben.

des­halb hat frie­de­mann ka­rig 49 mi­nu­ten ge­braucht für sei­ne ein­lei­tung, um am ende drei vor­schlä­ge zu ma­chen, wie wir die ge­fahr um­schrei­ben könn­ten.

des­halb hat sa­scha lobo 2 stun­den ge­braucht, um eine hand­voll vor­schlä­ge zu ma­chen, wie wir die, die für to­tal­über­wa­chung ver­ant­wor­lich sind, künf­tig nen­nen könn­ten.

jetzt hab ich mei­ne ein­lei­tung weg­ge­wor­fen — aber wie fin­de ich jetzt mei­nen ein­stieg?

viel­leicht soll­te ich als ein­stieg ein­fach mal sa­scha lobo wi­der­spre­chen?

sa­scha — und vie­le an­de­ren — mei­nen ja, mann müs­se die re­gie­rung (oder die SPD) über­zeu­gen uns zu schüt­zen. wir soll­ten druck er­zeu­gen, da­mit die po­li­ti­ker ver­ste­hen und un­se­re in­ter­es­sen (und rech­te) schüt­zen.

viel­leicht ist das zu se­man­tisch, aber ers­tens bin ich der über­zeu­gung, dass sog bes­ser wirkt als druck.

zwei­tens: zu ver­lan­gen dass der staat uns vor über­wa­chung schützt, ist ein biss­chen wie das ver­lan­gen, dass der staat uns vor bü­ro­kra­tie be­schüt­zen sol­le.

drit­tens: ich bin nicht si­cher ob die bun­des­re­gie­rung druck braucht. ich glau­be es herrscht durch­aus über­wa­chungs­af­fä­ren­druck in der re­gie­rung. schliess­lich ist nicht nur die re­gie­rung selbst (und wahr­schein­lich ei­ni­ge an­de­re ver­fas­sungs­or­ga­ne) ab­ge­hört wor­den, ich gehe auch da­von aus, dass die wirt­schafts­lob­by kräf­tig druck macht we­gen wirt­schafts­spio­na­ge.

was fehlt ist nicht der druck, son­dern lö­sungs­an­sät­ze.

das sagt sich jetzt ein­fach, aber ha­ben wir uns nicht im­mer selbst als in­ter­net­ver­ste­her dar­ge­stellt?

das olle netz­sper­ren-bei­spiel vor ein paar jah­ren zeigt wie es geht — oder ge­hen könn­te: statt nein, ha­ben wir ir­gend­wann ge­sagt: lö­schen statt sper­ren.
ich glau­be das war ge­nau der punkt, der die wen­de ge­bracht hat. das war prag­ma­tisch und lö­sungs­ori­en­tiert. die­sen dif­fe­ren­zier­ten prag­ma­tis­mus brau­chen wir auch jetzt. nicht nur wut!

druck ha­ben kürz­lich auch 560 schrift­stel­ler ver­sucht auf­zu­bau­en. das wur­de voll­mun­dig im zen­tral­or­gan der schrift­stel­ler und kul­tur­schaf­fen­den, der zeit, an­ge­kün­digt:

über dem ar­ti­kel stand:

  • 560 Au­toren weh­ren sich ge­gen Mas­sen­über­wa­chung
  • Hun­der­te Schrift­stel­ler weh­ren sich ge­gen die di­gi­ta­le Aus­spä­hung
  • ein Auf­ruf soll Bür­ger welt­weit auf­rüt­teln

wow, denkt man da. KÄMP­FEN, WEH­REN, AUF­RÜT­TELN!
im ar­ti­kel ist dann al­ler­dings we­ni­ger von „kämp­fern“ die rede, als von „un­ter­zeich­nern“, die „alle Bür­ger auf[ru­fen], ihre Frei­heits­rech­te zu ver­tei­di­gen“.
das hat mich zu ei­ner klei­nen sub­jek­ti­ven aus­wahl von gros­sen mo­men­ten des frei­heits­kamp­fes in­spi­riert:

(CC-BY-SA-3.0-DE, fried­rich gahl­beck)

(CC-BY-SA-3.0, ms­tys­lav cher­nov)


je­den­falls wird juli zeh in die­sem ar­ti­kel so zi­tiert:

Es wird sich lang­fris­tig nur et­was än­dern, wenn sich auf brei­tes­ter Ba­sis durch­setzt, dass Über­wa­chung die De­mo­kra­tie ge­fähr­det. Und wenn wir In­tel­lek­tu­el­le jetzt auf­ste­hen und un­se­re Mei­nung laut äu­ßern, er­mu­tigt das an­de­re, es auch zu tun.

mit an­de­ren wor­ten, die füh­ren­den in­t­e­lek­tu­el­len der welt ru­fen dazu auf, dass wir un­se­re mei­nung sa­gen?
und? hat der auf­ruf er­folg ge­habt?

(you­tube screen­shot)

naja. ei­ner ist auf­ge­stan­den und sagt jetzt sei­ne mei­nung: akif pi­rin­çci.
der hat zwar nicht die über­wa­chung als ge­fähr­dung der de­mo­kra­tie aus­ge­macht, da­für aber ei­nen „ir­ren Kult um Frau­en, Ho­mo­se­xu­el­le und Zu­wan­de­rer“.

spass (oder zy­nis­mus?) bei­sei­te. was ich sa­gen will ist ernst ge­meint: es gibt vie­le leu­te, die ge­sell­schafts­po­li­tisch völ­lig an­de­re schwer­punk­te set­zen als wir.

oder po­le­misch aus­ge­drückt: so be­scheu­ert wir die the­men und ängs­te von pi­rin­ci und sa­ra­zin fin­den, so be­scheu­ert fin­den mög­li­cher­wei­se auch vie­le un­se­re the­men und be­fürch­tun­gen im zu­sam­men­hang mit der NSA-äf­fä­re. oder zu­min­dest un­se­re prio­ri­tä­ten.

wir über­zeu­gen nie­man­den durch dump­fes wie­der­ho­len un­se­rer ein- und an­sich­ten, so kris­tall­klar sie uns selbst auch er­schei­nen mö­gen.

chris­ti­an stö­cker lässt seit fast ei­nem jahr ei­nen ro­bo­ter die­sen tweet täg­lich wie­der­ho­len, der auf die­sen ar­ti­kel vom 23.6.2013 ver­weist.

Im­mer noch wahr: http://t.co/F5KTGVz­LIs Still true: http://t.co/8sqdHTbnVX #prism #tem­po­ra

— Chris­ti­an Stö­cker (@Chris­Stoe­cker) Oc­to­ber 19, 2013

mich er­in­nert das ein biss­chen an mus­ta­fa mut­lu der seit zwei­ein­halb jah­ren vor dem aus­wär­ti­ges amt pro­tes­tiert. sein hun­ger­streik ist schon lan­ge be­en­det hat, aber trotz­dem sitzt oder steht er je­den tag mit sei­nem hun­ger­streik-schild vor dem aus­wär­ti­gen amt und pro­tes­tiert. bis heu­te.
zu os­tern war mut­lu üb­ri­gens im ur­laub. auf der bank, auf der sonst sitzt, stand ein schild mit der auf­schrift: fro­he os­tern!

über­wa­chung ge­fähr­det die de­mo­kra­tie

noch­mal zu­rück zu juli zeh. ich glau­be wir sind an ei­nem punkt an­ge­langt, an dem wir uns ein­ge­ste­hen soll­ten, dass kaum je­mand den satz oben noch hö­ren will. egal wie oft wir ihn wie­der­ho­len.
für vie­le scheint die de­mo­kra­tie trotz to­tal­über­wa­chung wei­ter­hin gut zu funk­tio­nie­ren.
oder: de­fi­zi­te der de­mo­kra­tie, wer­den von vie­len an­ders er­klärt.

kaum je­mand will sein ver­hal­ten än­dern oder über sein ver­hal­ten nach­den­ken.
nie­mand über­rascht es zu hö­ren, dass die ame­ri­ka­ner sich nicht an ge­set­ze aus­ser­halb der USA hal­ten — bzw. das die in­ter­es­sen der USA für die USA im­mer an ers­ter stel­le ste­hen.
nie­mand über­rascht es zu hö­ren, dass ame­ri­ka­ni­sche ge­heim­diens­te an der par­la­men­ta­ri­schen kon­trol­le vor­bei ope­rie­ren. ich habe ers­te be­rich­te dar­über ge­se­hen, als ich vor 30 jah­ren an­ge­fan­gen habe ta­ges­schau zu gu­cken.

nie­mand über­rascht es, dass die deut­sche re­gie­rung die ei­ge­nen in­ter­es­sen, de­nen ih­rer in­ter­na­tio­na­len part­ner un­ter­ord­net. (ich glau­be üb­ri­gens, dass das im prin­zip nicht die schlech­tes­te wahl ist und auf eine lan­ge ge­schich­te zu­rück­geht.)

Es lohnt sich, jetzt zu kämp­fen, da­mit die Über­wa­chungs­ge­sell­schaft nicht zur ak­zep­tier­ten Nor­ma­li­tät wird.

— sa­scha lobo

sa­scha lobo hat letz­te wo­che in sei­ner ko­lum­ne und am diens­tag in sei­nem vor­trag da­vor ge­warnt, die nor­ma­li­tät als nor­ma­li­tät an­zu­er­ken­nen. im ernst, ich fra­ge mich: ist die über­wa­chung nicht schon längst ak­zep­tier­te nor­ma­li­tät?

das schliesst nicht aus, dass es sich lohnt wi­der­stand zu leis­ten und ge­gen über­wa­chung zu kämp­fen.

wo­bei sich mir aber meh­re­re fra­gen stel­len:

  • leb­ten wir nicht schon im­mer in ei­ner Über­wa­chungs­ge­sell­schaft?
  • und hat das in­ter­net nicht ein­fach nur mehr ef­fek­ti­vi­tät und eine an­de­re di­men­si­on in die Über­wa­chungs­ge­sell­schaft ge­bracht?

oder noch­mal an­ders ge­fragt:

  • ist über­wa­chung viel­leicht nur ein sym­ptom, nicht die ur­sa­che des pro­blems?
  • ist über­wa­chung qua­si dem we­sen des in­ter­nets — zu­min­dest so wie wir es der­zeit nut­zen und an­ge­legt ha­ben — in­hä­rent, also ein­ge­baut?

sa­scha hat das am diens­tag auch an­ge­deu­tet. mit ei­nem mar­cu­se-zi­tat, der sag­te „herr­schaft“ sei schon in der kon­struk­ti­on von tech­no­lo­gie mit an­ge­legt. ich zei­ge den screen­shot aber nur des­halb, weil auf mei­nem foto sa­scha lobo wie shrek aus­sieht.

ich glau­be si­cher­heits­lü­cken, da­ten­lecks — und eben auch über­wa­chungs­po­ten­zia­le — sind in die DNA des in­ter­nets ge­wo­ben — mur­phy's law, „Al­les, was schief­ge­hen kann, wird auch schief­ge­hen“, gilt auch fürs in­ter­net.

be­vor ich jetzt post­pri­va­cy sage, be­nut­ze ich lie­ber eine wei­te­re ana­lo­gie:

das in­ter­net ist wie der flug­ver­kehr. durch tech­no­lo­gie und be­schleu­ni­gung ver­klei­nert es die welt.
und so wie ma­schi­nen, die man meh­re­re tau­send me­ter über die erd­ober­flä­che be­schleu­nigt, eben auch un­kon­trol­liert zu bo­den kom­men kön­nen, flie­gen uns — mit und ohne si­cher­heits­mass­nah­men — eben auch hin und wie­der mal un­se­re da­ten um die oh­ren. das ri­si­ko für da­ten-GAUs oder flug­zeug­ab­stür­ze lässt sich ein­däm­men, aber nie­mals aus­schlies­sen.

man sagt ja im­mer ana­lo­gien zum ver­kehr, funk­tio­nie­ren beim in­ter­net nicht. aber trotz­dem machts ir­gend­wie je­der:

  • al gore mit sei­ner da­ten­au­to­bahn
  • ur­su­la von der ley­en mit stop-schil­dern
  • und der ver­ein di­gi­ta­le ge­sell­schaft e.v. mit maut-schil­dern

ich glau­be, das in­ter­net und über­wa­chung ge­hö­ren zu­sam­men, wie der stras­sen­ver­kehr und ver­kehrs­to­te.
bei­des ist gräss­lich, aber je­weils in­hä­rent. die ri­si­ken las­sen sich re­du­zie­ren, aber nie ganz aus­schlies­sen.

in bei­den bei­spie­len lässt sich das ri­si­ko durch zwei pa­ra­me­ter re­du­zie­ren:

  • durch eine ein­schrän­kung von be­quem­lich­keit oder frei­heit
  • und durch ver­bes­se­rung von tech­no­lo­gie

die ent­wick­lung der si­cher­heits­tech­nik beim auto zeigt mei­ner mei­nung nach, dass wir durch­aus zu ei­ner gros­sen por­ti­on zu­kunfts­op­ti­mis­mus oder tech­nik­gläu­big­keit be­rech­tigt sind. die au­tos und stras­sen mö­gen frü­her hüb­scher ge­we­sen sein als heu­te, aber si­che­re­rer wa­ren stras­sen und au­tos frü­her ein­deu­tig nicht.

das was sich in den letz­ten jahr­zehn­ten bei der si­cher­heit von au­tos ge­tan hat ist bei­spiel­los. bei­spiel­haft ist aber die im­ple­men­tie­rung der si­cher­heits­sys­te­me in au­to­mo­bi­le.

  • die sys­te­me sind stan­dard­mäs­sig ak­ti­viert. nie­mand muss ir­gend­was ak­ti­vie­ren oder kon­fi­gu­rie­ren
  • die meis­ten sys­te­me schrän­ken den kom­fort nur mi­ni­mal ein
  • si­cher­heit geht im­mer vor kom­fort, schränkt den kom­fort aber meist nicht ein

so wie wir es jetzt un­glaub­lich fin­den, dass men­schen bis in die 70er jah­re meist ohne si­cher­heits­gurt (oder ohne drei­punkt­gurt) auto ge­fah­ren sind, wer­den wir wahr­schein­lich auch in 40 oder 20 oder 10 jah­ren auf un­se­re netz-nut­zungs-ge­wohn­hei­ten zu­rück­bli­cken und sa­gen:

wie konn­ten wir uns da­mals so leicht­sin­nig sein und un­ver­schlüs­sel­te mails ver­schi­cken?
un­glaub­lich: frü­her ha­ben wir pass­wör­ter be­nutzt?

noch­mal zu­rück zum the­ma des vor­trags. wel­ches the­ma?

das ist ja ei­gent­lich gar nicht das the­ma, son­dern eine an­spie­lung auf ei­nen film­ti­tel.

das the­ma mit dem ich mich ei­gent­lich be­schäf­ti­gen woll­te, lau­tet: kann man den über­wa­chungs­staat ei­gent­lich schla­gen? vor al­lem: wie?

In dem Mo­ment in dem ich mei­nen Feind ver­ste­he, ihn gut ge­nug ver­ste­he um ihn zu schla­gen, in ge­nau die­sem Mo­ment lie­be ich ihn auch.

— An­drew (En­der) Wig­gins

das zi­tat aus en­ders game im­pli­ziert das ver­ständ­nis des geg­ners mit das wich­tigs­te ist.
um den vor­trag vor­zu­be­rei­ten habe ich bei­spie­le ge­sucht, in de­nen der staat durch pro­tes­te zum ein­len­ken ge­zwun­gen wur­de (sie­he: sog statt druck) und wo man es auch ge­gen eine öf­fent­li­che mir-doch-egal-hal­tung schaff­te, eine brei­te öf­fent­li­che wir­kung zu er­zie­len. das fol­gen­de ist jetzt ein kur­zer ex­kurs in die 60er jah­re.

(bild­quel­le)

bill hud­son nahm die­ses foto am 3. mai 1963 in bir­ming­ham, ala­ba­ma auf.
man sieht auf dem bild ei­nen sehr jun­gen schwar­zen bür­ger­recht­ler, der von ei­nem po­li­zei­hund an­ge­grif­fen wird. vie­le sind der mei­nung, dass die pro­tes­te in bir­ming­ham und vor al­lem die­ses bild die ent­schei­den­de wen­de im kampf ge­gen die ras­sen­tren­nung brach­te.

bir­ming­ham war da­mals eine der am gründ­lichs­ten und ra­di­kals­ten ras­sen­ge­trenn­ten städ­te der USA. die bür­ger­rechts­be­we­gung hat­te jah­re­lang ge­gen ras­sen­tren­nung und be­nach­tei­lun­gung schwar­zer bür­ger ge­kämpft, aber mit die­sem foto schien sich plötz­lich der wind zu dre­hen.
ein jahr nach­dem die­ses foto auf den ti­tel­sei­ten der nyt und vie­ler an­de­rer ta­ges­zei­tun­gen er­schien, ver­ab­schie­de­te der US-kon­gress den ci­vil rights act von 1964. die pro­tes­te in bir­ming­ham gal­ten als der aus­schlag­ge­ben­de grund für die­ses ge­setz.

zu­vor hat­te mar­tin lu­ther king und sei­ne be­we­gung neun mo­na­te ver­geb­lich ver­sucht in al­ba­ny, geor­gia ge­gen die ras­sen­tren­nung zu pro­tes­tie­ren — ohne nen­nens­wer­te er­fol­ge. vor al­lem, weil der po­li­zei­chef lau­rie prit­chett es ver­stand (fo­to­ge­ne) ge­walt beim um­gang mit den pro­tes­tie­ren­den zu ver­mei­den.

in bir­ming­ham wa­ren die bür­ger­recht­ler stän­dig in le­bens­ge­fahr. ei­ner der an­säs­si­gen bür­ger­recht­ler, fred shut­tles­worth, ent­ging knapp ei­nem bom­ben­an­schlag des kkk.

in bir­ming­ham ver­such­ten die bür­ger­recht­ler es mit kon­fron­ta­ti­on (pro­ject c, für con­fron­ta­ti­on). mit dem pro­ject c und den ge­walt­frei­en pro­tes­ten soll­te bun­des­wei­te auf­merk­sam­keit auf die „the big­gest and bad­dest city of the South“ ge­lenkt wer­den. in der ers­ten pha­se setz­ten sich schwar­ze auf für weis­se re­ser­vier­te plät­ze, lies­sen sich mit­un­ter be­spu­cken, fest­neh­men und ver­prü­geln. be­dient wur­den sie nie.

das ziel war, die lo­ka­len ge­fäng­nis­se mit bür­ger­recht­lern zu fül­len. der plan ging nicht auf, da nicht aus­rei­chend vie­le der pro­tes­tie­ren­den fest­ge­nom­men wur­den, um die funk­ti­ons­fä­hig­keit der stadt zu be­ein­träch­ti­gen.

auch die es­ka­la­ti­on durch eine pro­vo­zier­te fest­nah­me von mar­tin lu­ther king brach­te nicht die ge­wünsch­ten er­fol­ge, vor al­lem gab es im­mer we­ni­ger frei­wil­li­ge die be­reit wa­ren sich fest­neh­men zu las­sen.

in ei­ner wei­te­ren es­ka­la­ti­on be­gan­nen die bür­ger­recht­ler kin­der und ju­gend­li­che für die pro­tes­te zu re­kru­tie­ren und zu schu­len. an ei­nem der ers­ten pro­test­ta­ge wur­den 600 schü­ler fest­ge­nom­men, der jüngs­te war 8 jah­re alt. in­ge­samt führ­te die­ser tag zur fest­nah­me von 900 per­so­nen.

weil die ge­fäng­nis­se nach ein paar ta­gen voll wa­ren, ver­such­te der po­li­zei­chef in den fol­gen­den ta­gen die pro­tes­tie­ren­den mit was­ser­wer­fern und hun­den aus den stras­sen zu ver­trei­ben.

das bild vom 3. mai 1963 rief so star­ke re­ak­tio­nen her­vor, dass es nicht nur eine pro­fun­de wir­kung auf die welt aus­ser­halb von bir­ming­ham hat­te, son­dern auch die rei­hen hin­ter mar­tin lu­ther king schloss. des­sen art die pro­tes­te zu pla­nen und zu füh­ren, war zu­vor in der schwar­zen com­mu­ni­ty hef­tig um­strit­ten.

der jun­ge auf dem bild heisst wal­ter gads­den. er war da­mals 15 jah­re alt. sei­ne fa­mi­lie war eher kon­ser­va­tiv und be­sass zwei ta­ges­zei­tun­gen in bir­ming­ham, die king scharf kri­ti­sier­ten. gad­sen kam zu den pro­tes­ten ei­gent­lich nicht als pro­test­ler, son­dern als zu­schau­er.


wes­halb ich das er­zäh­le?
weil ich mir ein­bil­de par­al­le­len von der bür­ger­rechts­be­we­gung der 60er jah­re zur grund­rechts­be­we­gung 2014 zu se­hen.

die bür­ger­rechts­be­we­gung da­mals

  • hat­te kei­nen be­son­ders brei­ten ge­sell­schaft­li­chen rück­halt (im ge­gen­teil) und
  • we­der der kon­gress noch das weis­se haus hat­te in­ter­es­se an re­for­men. ken­ne­dy sym­pa­thi­sier­te zwar mit den zie­len der be­we­gung, sah sich aber wahr­schein­lich nicht in der lage re­for­men durch­zu­set­zen
  • die bür­ger­recht­ler und ihre me­tho­den (vor al­lem kin­der ein­zu­set­zen) wur­den auch von schwar­zen hef­tig kri­ti­siert
  • die pro­ble­me der schwar­zen wa­ren vie­len ame­ri­ka­nern egal oder es war ih­nen un­an­ge­nehm dar­über nach­den­ken zu müs­sen (wer nicht schwarz ist, hat auch nichts zu be­fürch­ten)

erst jah­re­lan­ger, müh­sa­mer und le­bens­ge­fähr­li­cher pro­test, mit stän­dig ver­fei­ner­ten stra­te­gien, führ­te zu ers­ten re­for­men.

durch die pro­vo­ka­ti­on der staats­macht, ent­stan­den star­ke, sym­bo­li­sche bil­der, die als pro­jekt­ti­ons­flä­che die­nen konn­ten. noch wich­ti­ger. die pro­tes­te zeig­ten, dass man mit ge­ziel­ter pro­vo­ka­ti­on, mut und ge­walt­lo­sig­keit, eine po­si­ti­on der schwä­che in eine po­si­ti­on der stär­ke ver­wan­deln kann.

das bild auf dem gad­sen von po­li­zei­hun­den an­ge­grif­fen wird, kommt üb­ri­gens nicht ohne ei­nen klei­nen ta­schen­spie­ler­trick aus.

wenn man ge­nau hin­sieht, sieht man, dass gad­sen sich nicht wehr­los vom hund an­grei­fen lässt, son­dern dass er sein knie in rich­tung des hun­des be­wegt. es hiess spä­ter im la­ger der pro­tes­tie­ren­den, gad­sen habe dem hund den kie­fer ge­bro­chen.


kön­nen wir da was draus ler­nen? wie kön­nen wir den über­wa­chungs­staat schla­gen?

1 auf­bau­schen
das ers­te pro­blem das ich sehe ist das rhe­to­ri­sche auf­bau­schen. auch, und vor al­lem, von uns.
stän­dig be­schwö­ren wir die de­mo­kra­tie-apo­ka­lyp­se.
die ge­fähr­dun­gen der de­mo­kra­tie die wir an die wand ma­len sind für vie­le nicht nach­voll­zieh­bar
ein biss­chen ha­ben wir das glei­che pro­blem wie die us-re­gie­rung vor ih­rem letz­ten ein­marsch in den irak. für des­sen le­gi­ti­mie­rung wur­de die ge­fahr auf­ge­bauscht.

was josch­ka fi­scher und vie­le deut­sche al­ler­dings nicht über­zeug­te.

wenn wir an­de­re (und uns selbst) über­zeu­gen wol­len, müs­sen wir bes­ser ar­gu­men­tie­ren. we have to make our case. wir müs­sen die rea­len ge­fah­ren bes­ser her­aus­ar­bei­ten. ohne co­lin-powel-ta­schen­spie­ler­tricks.
sa­scha lobo hat „die­se über­wa­chung“ mit ra­dio­ak­ti­vi­tät ver­gli­chen. un­sicht­bar, un­schmeck­bar, vage (aber ge­fähr­lich). ich fra­ge: wo sind die strah­len­op­fer? auch mar­kus be­cke­dahl ver­misst die to­ten rob­ben­ba­bies des über­wa­chungs­skan­dals.

2 ge­gen wen?
wir wis­sen nicht wer un­ser geg­ner ist und wir wis­sen nicht was un­ser ziel ist (aus­ser der ret­tung der de­mo­kra­tie).

sind wir ge­gen die NSA? GHCQ? FSA? BND? BKA? FBI? CIA? den chi­ne­si­schen ge­heim­dienst? die ein­woh­ner­mel­de­äm­ter?

sind wir ge­gen die gros­sen netz­kon­zer­ne? eher ge­gen goog­le oder face­book? ge­gen klei­ne start­ups, die be­son­ders läs­sig mit be­nut­zer­da­ten um­ge­hen?

sind wir ge­gen die bun­des­re­gie­rung? für eine star­ke bun­des­re­gie­rung? für ein no-spy ab­kom­men? für mehr staat­li­che sou­ve­rä­ni­tät, ge­gen un­se­re ver­bün­de­ten?

sind wir ge­gen die da­ten­wei­ter­ga­be zwi­schen „be­freun­de­ten“ ge­heim­diens­ten?
wenn ja, wol­len uns also voll und ganz auf un­se­rer ei­ge­nen diens­te ver­las­sen?
wo­hin de­ren kom­pe­ten­zen füh­ren, hat kürz­lich auch ei­nen un­ter­su­chungs­aus­schuss be­schäf­tigt.

sind für mehr par­la­men­ta­ri­sche kon­trol­len? nur wo dann? erst­mal nur in deutsch­land? was ist mit den USA? in GB? in chi­na?

wol­len wir mehr da­ten­schutz? wenn ja, da­ten­schutz eher in der aus­prä­gung ei­nes thi­lo wei­chert oder ei­nes pe­ter schaar? wäre thi­lo wei­chert ein gu­ter bun­des­kanz­ler?

wenn wir ge­gen vi­deo­über­wa­chung pro­tes­tie­ren, müs­sen wir dann nicht auch ge­gen das in­sta­gram­men von men­schen ohne schrift­li­che ge­neh­mi­gung sein?

ich habe kürz­lich tho­mas gott­schalk am koll­witz-platz ge­se­hen. der hat dort (wahr­schein­lich) mit sei­nen en­keln ge­spielt. mein ers­ter im­puls war: foto! mein zwei­ter: twit­ter! mein drit­ter: wie­so ei­gent­lich?

ich wie­der­ho­le mich, aber ich glau­be es ist nicht über­trie­ben zu be­haup­ten, dass uns nicht mal an­satz­wei­se klar ist

  • ge­gen was wir kämp­fen
  • wer der geg­ner ist
  • wie lö­sung aus­se­hen könn­ten
  • und wie wir die­se lö­sun­gen er­rei­chen, bzw. er­kämp­fen wol­len

3 sym­bo­le
uns feh­len die nar­ra­ti­ve, oder ge­nau­er, die sym­bo­le. vor al­lem sym­bo­le die zur pro­jek­ti­on ge­eig­net sind.

ge­gen be­stimm­te über­wa­chungs-ver­herr­li­chungs-nar­ra­ti­ve der ame­ri­ka­ner kom­men wir al­ler­dings ganz schwer an.

hier kon­stru­iert die US re­gie­rung ei­nes der mäch­tigs­ten nar­ra­ti­ve zur recht­fer­ti­gung ih­res über­wa­chungs­ap­pa­rats.
das bild was hier kon­stru­iert wird, ist stär­ker als je­des tote rob­ben­ba­by.

ge­gen ein nar­ra­tiv, dass so sim­pel ist, dass man es in den sand zeich­nen könn­te, kommt man schwer an.

wir kämp­fen mit den an­ge­staub­ten be­grif­fen un­se­rer el­tern­ge­nera­ti­on:

  • Da­ten­schutz
  • Pri­vat­sphä­re
  • Glä­se­rer Bür­ger

aus der sta­si 1.0-über­wa­chung lies­sen sich wirk­sa­me­re vi­sua­li­sie­run­gen von un­recht kon­stru­ie­ren.
das liegt vor al­lem dar­an, dass die über­wa­chung schreck­li­che, sicht­ba­re fol­gen hat­te. für tau­sen­de men­schen. über jahr­zehn­te hin­weg.
die (kon­kre­ten) op­fer des mo­der­nen über­wa­chungs­staats las­sen sich (zu­min­dest im wes­ten) an ein paar hän­den ab­zäh­len. glaub ich.

was uns bit­ter fehlt, sind bil­der, sym­bo­le die­ser art.

die­ses bild hat sog!

4 um­den­ken
wir müs­sen um­den­ken kön­nen ler­nen.

[Die neu­en Her­aus­for­de­run­gen] er­for­dern […] eine ver­än­der­te Sicht­wei­se und die ra­di­ka­le Ab­kehr von bis­her für selbst­ver­ständ­lich hin­ge­nom­me­nen Denk- und Han­dels­wei­sen. Denn ei­nes ist klar: Vie­les wird nicht mehr so sein, wie es ein­mal war.

das hat mar­tin wei­gert 2009 ge­schrie­ben um den wan­del im han­del, kul­tur- und me­di­en­be­reich zu um­schrei­ben.
das ge­sag­te gilt aber ei­gent­lich auch für un­se­re sicht auf pri­vat­sphä­re und frei­heit. die kon­zep­te für pri­vat­sphä­re und frei­heit ha­ben sich in den letz­ten 4000 jah­ren im­mer wie­der ge­wan­delt und den ge­ge­ben­hei­ten an­ge­passt.

die din­ge sind jetzt be­son­ders im wan­del, weil die tech­no­lo­gie das recht vor sich her­treibt. im po­sit­ven wie im ne­ga­ti­ven: tech­no­lo­gie ist dem recht­sys­tem im­mer weit vor­aus.
wie wir die tech­no­lo­gie im recht­sys­tem ver­an­kern wol­len, müs­sen wir dis­ku­tie­ren und neu-den­ken.
wir sind we­der die kro­ne der schöp­fung, noch sind un­se­re der­zei­ti­gen kon­zep­te von pri­vat­sphä­re und frei­heit die kro­nen der phi­lo­so­phie oder so­zio­lo­gie. da ist noch platz nach oben, links und rechts.

Aus Angst vor Ver­än­de­run­gen, die sie nicht kon­trol­lie­ren kön­nen oder die sie dazu zwin­gen wür­den, sich selbst zu ver­än­dern, wäh­len [Kon­ser­va­ti­ve] die Be­quems­te al­ler Lö­sun­gen, den Still­stand.

das hat ron­nie grob über kon­ser­va­ti­ve ge­schrie­ben. wenn man das so liest, müss­te uns klar wer­den, dass wir auch sehr, sehr kon­ser­va­tiv sind — zu­min­dest wenn es um un­se­re ei­ge­nen rech­te und pri­vi­le­gi­en geht.

5. stop worry­ing
ich habe das ge­fühl, wir sind die ein­zi­gen sind die wü­tend sind. un­se­re wut ist aber nicht an­ste­ckend. un­se­re wut und un­gläu­big­keit an­ge­sichts der mons­tro­si­tät der to­tal­über­wa­chung macht uns auch blind für das we­sent­li­che.

.

  • wir soll­ten un­se­re wut in kon­struk­ti­ve, prag­ma­ti­sche lö­sun­gen flies­sen las­sen
  • wie um­ge­he ich über­wa­chung? wie kann die si­cher­heit der kom­mu­ni­ka­ti­on ver­bes­sert wer­den? wie las­sen sich ge­fähr­de­te men­schen schüt­zen?
  • si­cher­heit muss leich­ter, in­te­grier­ter, in­hä­ren­ter wer­den.
  • die si­cher­heits­sys­te­me beim auto sind bei­spiel­haft, vor al­lem in der be­die­nung.

wir müs­sen den drei­punkt­gurt neu er­fin­den!

6. play the sys­tem
ich habe im­mer ger­ne ge­glaubt, dass ge­heim­diens­te vor al­lem des­halb im ge­hei­men wer­keln, um ihre in­kom­pe­tenz und un­fä­hig­keit zu ver­ber­gen.
das ist wie mit den schein­rie­sen. wenn sie weit weg sind er­schei­nen sie mons­trös, je nä­her man ih­nen kommt des­to klei­ner er­schei­nen sie.

ge­heim­diens­te sind vor al­lem des­halb ef­fek­tiv, weil sie es schaf­fen, angst und schre­cken zu ver­brei­ten.
wir ha­ben aber dank snow­den neu­er­dings ei­nen ent­schei­den­den stra­te­gi­schen vor­teil: wir wis­sen wie sie ar­bei­ten.
war­um ha­ben wir die­sen vor­teil bis­her so we­nig ge­nutzt?

um star­ke bil­der zu be­kom­men, brau­chen wir pro­vo­ka­ti­on. in die­sem sin­ne ganz fa­mos wäre zum bei­spiel, wenn nach ei­ner snow­den be­fra­gung der NSA-un­ter­su­chungs­aus­schuss ge­schlos­sen in die USA rei­sen wür­de und dort fest­ge­nom­men wür­de. fest­ge­nom­me­ne deut­sche par­la­men­ta­ri­er in gu­an­ta­na­mo bay — was für ein bild! welch ei­nen sog das er­zeu­gen wür­de!
die tä­ter be­nen­nen hat sich sa­scha aus­ge­dacht. fin­de ich su­per.
und wie das mit dem spott aus­se­hen kann, sieht man, wenn man in die­sem vi­deo in dem glenn green­wald mit dem ehe­ma­li­gen NSA chef mi­cha­el hay­den de­bat­tiert (link zum vi­deo, link zu se­kun­de 4364).

die­se art von ge­sich­tern von NSA-ver­ant­wort­li­chen, möch­te ich in der nächs­ten jah­ren ger­ne öf­ter se­hen.

ich könn­te die lis­te noch wei­ter füh­ren. aber jetzt hab ich kei­nen bock mehr.
wich­tig ist: es gibt wege un­se­re schwä­che in stär­ke um­zu­wan­deln.


un­be­ant­wor­tet ist aber im­mer noch die fra­ge, war­um ich denn jetzt die über­wa­chung zu lie­ben ge­lernt habe.
ers­tens: das war ein scherz. eine pro­vo­ka­ti­on. ir­gend­was muss­te ich ja beim call for pa­pers schrei­ben.
zwei­tens: weil ich glau­be, dass man sei­nen arsch nur hoch­be­kommt, wenn man ge­tre­ten wird.
also ich zu­min­dest.
drit­tens: die über­wa­chung hilft uns das ei­gent­li­che pro­blem zu er­ken­nen
und vier­tens: dank to­tal­über­wa­chung er­in­nern wir uns wie­der dar­an, dass frei­heit nicht ge­ge­ben, son­dern ge­nom­men wird.

im prin­zip steht auf die­ser fo­lie üb­ri­gens das glei­che wie von sa­scha lobo kürz­lich in die FAZ ge­schrie­ben:
das in­ter­net ist ka­putt, aber wir kön­nen es re­pa­rie­ren

A very in­te­res­t­ing word that has no equi­va­lent in Eng­lish, but is ama­zing... pic.twit­ter.com/qle4SRaTVk

— Je­re­my Tr­e­vathan (@Jez­za­T­rev) May 6, 2014

die­se scha­le war mal ka­putt. ir­gend­wer hat sie re­pa­riert. die tech­nik heisst kint­su­gi. kint­su­gi ist eine kunst­form die ke­ra­mik mit gold- oder sil­ber-lack re­pa­riert und die an­sicht ver­tritt, dass et­was schö­ner wer­den kann, wenn es vor­her zer­bro­chen war.
die schön­heit des ka­put­ten — oder eben, wenn man so will — in­ter­net­op­ti­mis­mus.

aber es gibt auch ei­nen grund, war­um ich die­se to­tal-über­wa­chungs-scheis­se has­se. der wich­tigs­te grund, et­was ge­gen die to­tal­über­wa­chung der über­wa­chungs­e­so­te­ri­ker zu tun?

wir müs­sen al­les tun, da­mit sa­scha lobo wie­der wit­zig wird!

Dan­ke für die­ses Vor­trags-High­light! @di­plix #rp14 pic.twit­ter.com/otPh087bIk

— Sil­via Re­n­au­er (@Sil­vi­a­Re­n­au­er) May 8, 2014


ich möch­te vor al­lem dem in­ter­net dan­ken, ohne das ich die­sen vor­trag (über das in­ter­net) nicht hät­te vor­be­rei­ten kön­nen. sehr viel in­spi­ra­ti­on habe ich aus mal­colm glad­well’s buch „Da­vid and Go­li­ath: Un­der­dogs, Mis­fits and the Art of Batt­ling Gi­ants“ ge­zo­gen. vie­le din­ge sind mir wäh­rend der re­cher­che in mei­nem RSS-feed ent­ge­gen ge­flo­gen, ein gros­ser teil über stel­lar.io. ganz wich­tig war das frü­he ge­gen­le­sen von pa­trcia camma­ra­ta und der bei­fah­re­rin. dank der bei­den habe ich den vor­trag ei­ni­ger­mas­sen straf­fen und aufs we­sent­li­che re­du­zie­ren kön­nen. dank geht auch an die re­pu­bli­ca, auf der ich durch ge­sprä­che und vor­trä­ge noch ei­ni­ges an in­put für den vor­trag auf­neh­men konn­te. eine oft un­ter­be­rich­te­te ei­gen­schaft der re­pu­bli­ca ist näm­lich, dass sie sehr, sehr gut zum nach­den­ken an­regt. und vie­len dank an das su­per freund­li­che und po­si­ti­ve pu­bli­kum, das ein­zi­ge pu­bli­kum der welt, dass über key­note-ef­fek­te la­chen kann.


hier noch­mal die vi­deo-auf­zeich­nung ein­ge­bet­tet:

youtube-video laden, info, direktlink

rp14, mein plan für tag eins

felix schwenzel

beim ta­ges­spie­gel-in­ter­view hat­te ich mei­ne ses­si­on-pla­nung na­tür­lich noch nicht ge­macht und des­halb le­dig­lich die rede zur lage der na­ti­on emp­foh­len. heu­te sieht mein plan für die re­pu­bli­ca so aus:


ree­der vs. un­read

felix schwenzel

ich bin ein gros­ser fan der RSS-le­se­app ree­der. ich syn­chro­ni­sie­re sie seit ein paar jah­ren mit mei­ner fe­ver-in­stal­la­ti­on. mor­gens und abends im bett, so­wie auf dem weg zur und von der ar­beit ver­brin­ge ich täg­lich ein paar stun­den mit der ree­der-app. ich kann nicht sa­gen dass ich un­zu­frie­den bin, die app funk­tio­niert her­vor­ra­gend off­line, also in den ber­li­ner u-bahn schäch­ten, die eine no-go-area für das in­ter­net von o₂ zu sein schei­nen. ree­der spei­chert die meis­ten bei­trags­bil­der für off­line-zu­griff und vor al­lem funk­tio­niert auch das ab­spei­chern von pin­board- oder in­sta­pa­per­links in der u-bahn zu­ver­läs­sig (in­dem die links an die je­wei­li­gen ser­ver über­tra­gen wer­den, wenn wie­der netz ver­füg­bar ist).

an­sons­ten mag ich es sehr, dass ich mit dem ree­der ei­ner­seits an­ge­nehm le­sen kann und an­de­rer­seits wirk­lich schnell durch die feeds hu­schen kann.

es gibt aber auch ein paar sa­chen die mich am ree­der ner­ven.

  • er stürzt er zu oft ab. aus mei­ner sicht grund­los, meis­tens wenn ich ein book­mark spei­chern möch­te
  • wenn ich den ree­der aus dem hin­ter­grund zu­rück­ho­le zeigt er mir meis­tens den letz­ten of­fe­nen ar­ti­kel an (lei­der oft nicht an der letz­ten le­se­po­si­ti­on). manch­mal tauscht er die­sen of­fe­nen ar­ti­kel dann aber wäh­rend des syn­chro­ni­sie­rens im hin­ter­grund aus un­er­find­li­chen grün­den mit ei­ner weis­sen sei­te aus.
  • ein book­mark zu spei­chern be­nö­tigt min­des­tens 3 klicks (noch mehr, wenn der ree­der ab­stürzt): klick auf das sha­ring-sym­bol, klick auf das pin­board-sym­bol, klick auf das ok-spei­chern-sym­bol. zu­dem sind die bei­den ers­ten sym­bo­le im un­te­ren bild­schirm­be­reich, das OK-sym­bol aber ganz oben rechts. das über­for­dert lei­der meis­tens mei­nen dau­men und er­for­dert ein um­grei­fen.
  • der ent­wick­ler sil­vio riz­zi hat die app schon seit mo­na­ten nicht mehr ak­tua­li­siert was ich an­ge­sichts der of­fen­sicht­li­chen bugs ein biss­chen ent­täu­sched fin­de.

we­gen die­ser pro­blem­chen war ich of­fen den RSS-le­ser un­read aus­zu­pro­bie­ren, von dem ich ges­tern erst­mals hör­te. tat­säch­lich macht die­se app ei­ni­ges bes­ser. bei der ein­rich­tung der ac­counts (bei mir fe­ver und pin­board) bie­tet die app ei­nen link zur 1pass­word-app, zum nach­se­hen des pass­worts. sehr prak­ti­sches de­tail. das spei­chern ei­nes links bei pin­board er­for­dert nur noch zwei klicks ohne dau­men­ver­ren­kung — und ei­nen wisch. die ar­ti­kel las­sen sich auf dem ge­sam­ten ipho­ne-bild­schirm le­sen, über­flüs­si­ge be­dien­ele­men­te sind kom­plett aus­ge­blen­det.

durch den (zeit­wei­li­gen) wech­sel der app sind mir aber auch gleich wie­der die sa­chen auf­ge­fal­len die ich am ree­der sehr zu schät­zen ge­lernt habe:

  • im ree­der kann ich bil­der mit ei­ner (pinch-) hand­be­we­gung ver­grös­sern (sehe ge­ra­de, in un­read gehts per klick und pinch)
  • im ree­der gibt es eine re­a­da­bili­ty-funk­ti­on mit der ich (so­lan­ge ich on­line bin) ge­kürz­te RSS-feed-ar­ti­kel nach ei­nem klick im voll­text le­sen kann
  • un­read scheint pin­board links die ich ab­spei­che­re wäh­rend ich u-bahn off­line bin nach ei­nem ver­geb­li­chen ver­such und ei­nem hin­weis zu ver­wer­fen. das ist lei­der ein K.O-kri­te­ri­um. ex­pli­zit ge­spei­cher­te in­for­ma­tio­nen dür­fen beim heu­ti­gen stand der tech­nik nicht ein­fach ver­lo­ren ge­hen. da nützt auch eine hoch­glanz­ober­flä­che nichts, wenn da­hin­ter scher­ben lie­gen. beim ree­der ist mir bis­her, trotz vie­ler ab­stür­ze, noch nichts ver­lo­re­nen ge­gan­gen.
  • un­in­ter­es­san­te ar­ti­kel kann ich im ree­der mit ei­nem but­ton über­sprin­gen. in un­read muss ich sie weg­wi­schen, bei lan­gen ar­ti­kel un­ter um­stän­den sehr weit.
  • ree­der ak­tua­li­siert sich nicht von al­lei­ne im hin­ter­grund. un­read schon. das heisst wenn ich mor­gens oder abends in die u-bahn gehe und ver­ges­sen habe den ree­der vor­her 3 mi­nu­ten lau­fen zu las­sen, sitz ich mit stun­den- oder tage-al­ten ar­ti­keln in der u-bahn.

un­read ist su­per de­tail­ver­liebt und am­bi­tio­niert. eine wun­der­ba­re app. ich glau­be, ich könn­te mich an die mi­ni­ma­lis­ti­sche art zu le­sen ge­wöh­nen. ree­der scheint ge­ra­de nicht be­son­ders viel auf­merk­sam­keit vom ent­wick­ler zu be­kom­men — ob­wohl ich fin­de dass er die­se auf­merk­sam­keit gut ge­brau­chen könn­te, wenn er die bes­te RSS-le­se­app blei­ben will. denn un­read ist ihm dicht auf den fer­sen, spä­tes­tens wenn un­read kei­ne da­ten mehr ver­liert, dro­he ich um­zu­stei­gen.


heins­berg

felix schwenzel

zu os­tern sind wir wie­der zu den schwie­ger­el­tern der bei­fah­re­rin ge­fah­ren. über car­del­mar habe ich bei eu­rop­car ein auto für 153 euro vom kar­frei­tag bis zum diens­tag nach os­tern ge­mie­tet. die miet­wa­gen­qua­li­fi­zie­rung war CDMR, was laut miet­wa­gen-talk.de be­deu­tet, dass das auto c-om­pact sei, 4 d-üren hat, m-anu­ell ge­schal­tet wird und kli­ma­ti­siert sei. bei eu­rop­car be­kä­me man da­für ein auto wie den sko­da yeti, ei­nen opel me­ri­va oder ei­nen golf 1.6 TDI. aus­ge­hän­digt wurd mir dann aber ein golf GTI. die bei­fah­re­rin sag­te, als sie das auto sah, nur ein wort: „spoi­ler!“.

mich hats ge­freut, weil an dem auto fast al­les au­to­ma­tisch ist. die tem­pe­ra­tur im in­nen­raum, die schei­ben­wi­scher, die aus­sen­be­leuch­tung, stau­an­zei­ge und um­fah­rung — aus­ser gas ge­ben, ei­nen der 7 gän­ge ein­schal­ten und brem­sen muss man fast nichts tun. man kommt auch sehr schnell vor­an, bis die bei­fah­re­rin ei­nen an­schreit, man sol­le jetzt bit­te sprit spa­ren.

je­den­falls stand ich mit dem golf GTI und der bei­fah­re­rin auf der rück­bank ges­tern vor ei­ner fi­lia­le der kreis­spar­kas­se heins­berg. wir war­te­ten auf mei­nen va­ter, der sich ge­ra­de am geld­au­to­ma­ten bar­geld kauf­te. in der spar­kas­se sprach ihn eine frau an, die sich sor­gen über den golf GTI vor der tür mach­te. sie mein­te zu mei­nem va­ter, dass der wa­gen aus ham­burg sei und der fah­rer „ei­gen­ar­tig“ aus­sä­he.

die dame mach­te sich sor­gen, über­fal­len zu wer­den. da die leu­te in heins­berg mei­nem va­ter zu ver­trau­en schei­nen, konn­te er sie mit dem hin­weis be­ru­hi­gen, dass der ei­gen­ar­ti­ge typ draus­sen im golf sein sohn sei.

in­ter­es­sant fin­de ich je­den­falls, dass es tat­säch­lich leu­te gibt, die golf GTI ernst neh­men.


the barn

felix schwenzel

din­ge die in the barn ver­bo­ten oder un­gern ge­se­hen sind:

  • kin­der­wa­gen
  • lap­tops
  • hun­de
  • aufs klo ge­hen (es gibt kein klo)
  • milch und zu­cker im fil­ter­kaf­fee
  • kaf­fee vor 8:30 uhr
  • re­ser­vie­run­gen

wenn auch nicht ex­pli­zit aus­ge­schlos­sen wie die oben ge­nann­ten punk­te, ver­mu­te ich, dass in the barn auch weis­se so­cken, san­da­len, shorts, bas­ball­schlä­ger, clowns­kos­tü­me und mo­tor­sä­gen un­gern ge­se­hen sind. gern ge­se­hen schei­nen je­doch voll­bär­te und di­cke bril­len­glä­ser, base­ball­kap­pen und woll­müt­zen zu sein.

wit­zi­ger­wei­se, auch wenn der ers­te teil die­ses tex­tes so in­ter­pre­tiert wer­den könn­te, stö­ren mich die vor­schrif­ten der barn-be­trei­ber nicht im ge­rings­ten. im ge­gen­teil. mich er­in­nert der be­such in the barn ein biss­chen an ei­nen be­such in ei­nem re­stau­rant im new yor­ker chi­na town vor ein paar jahr­zehn­ten. dort sprach nie­mand eng­lisch (oder alle ta­ten so), die spei­se­kar­te war aus­schliess­lich chi­ne­sisch und nie­mand mach­te sich die mühe auf mei­ne ge­wohn­hei­ten ein­zu­ge­hen. wenn ich mich recht er­in­ne­re such­te ich mir zwei sa­chen von der kar­te nach preis aus und liess mich über­ra­schen.

der deal lau­te­te: euer la­den, eure re­geln, ich las­se mich da heu­te ger­ne drauf ein und wenn ich glück habe, er­le­be oder schme­cke ich et­was, was ich vor­her noch nie ge­schmeckt habe. ei­gent­lich ist das bei fast je­dem re­stau­rant­be­such (nicht nur im aus­land) so und an­de­rer­seits na­tür­lich auch der grund, war­um mc­do­nalds und sub­way (oder star­bucks) in­ter­na­tio­nal so er­folg­reich sind: das ri­si­ko des un­be­kann­ten und neu­en will nicht je­der stän­dig ein­ge­hen. weil ex­pe­ri­men­te oder sich auf frem­de oder neue ge­schmä­cker und ge­wohn­hei­ten ein­zu­las­sen auch schief­ge­hen und im ekel en­den kann.

soll mir also recht sein, wenn man in the barn sagt:

Our hand­bre­wed cof­fees have a spec­ta­cu­lar ran­ge of no­tes and fla­vours. They are roas­ted light­ly and with gre­at care to bring out the in­di­vi­du­al cha­rac­te­ristics of a bean. We only ser­ve the­se cof­fees wi­t­hout milk or su­gar to show­ca­se tho­se fan­ta­stic fla­vours.

am sams­tag hab ich mir dort dann also (auf emp­feh­lung von bosch) ei­nen kaf­fee aus der aero­press be­stellt. der wur­de mit er­staun­lich we­nig kaf­fee­pul­ver und er­staun­lich viel was­ser zu­be­rei­tet, so dass ich am ende ein känn­chen duf­te­nen fil­ter­kaf­fee hat­te. die ba­ris­ta mein­te, als sie ihre nase über das fer­ti­ge pro­dukt hielt, dass der kaf­fee nach sher­ry rö­che. auf mei­ne fra­ge, ob das was gu­tes sei, nick­te sie.

wie ich das be­reits von mei­nen ei­ge­nen aero­press-ex­pe­ri­men­ten ken­ne fehl­te dem kaf­fee jede bit­ter­keit. er hat­te in der tat ei­ni­ges an aro­men zu bie­ten, aber lei­der auch ein paar sau­re no­ten. nicht un­an­ge­nehm, im ge­gen­teil, aber merk­lich. in der asia­ti­schen kü­che kon­tert man die sau­ren no­ten mit süs­se, aber das ist bei den fil­ter­kaf­fees in the barn, wie ge­sagt, ver­bo­ten:

We do ad­vi­se not to use su­gar for va­rious re­asons but main­ly be­cau­se it dis­tracts from won­derful cof­fee fla­vours. Ho­we­ver, if you must we of­fer Who­le Cane Su­gar from dried un­re­fi­ned na­tu­ral sug­ar­ca­ne juice.

weil zu­cker vom ge­schmack ab­lenkt, bie­tet man also zur not eine zu­cker­art an, die ei­nen sehr star­ken (ka­ra­mel­li­gen) ei­gen­ge­schmack hat. ich be­nut­ze auch seit jah­ren fast aus­schliess­lich voll­rohr­zu­cker im kaf­fee, aber das mit der lo­gik ist bei the barn wohl eher zweit­ran­gig.

wie ge­sagt, ich mag das kon­zept der barn: ei­nen la­den um ein gu­tes pro­dukt her­um auf­bau­en und das so pur wie mög­lich zu ver­kau­fen, auch auf die ge­fahr hin da­mit be­vor­mun­dend oder eli­tär zu wir­ken. trotz­dem wer­de ich wohl nicht zum stamm­kun­den dort wer­den. ei­ner­seits weil ich mir mitt­ler­wei­le zu­hau­se nicht nur gu­ten kaf­fee ma­chen kann, son­dern auch, weil ich den dann auch so trin­ken kann wie ich es mag: vor ei­nem lap­top, vorm fern­se­her, mit zu­cker, ohne zu­cker, mit milch, ohne milch, mit bier oder ohne bier. und nach dem kaf­fee aufs klo ge­hen ist auch was tol­les.

ob­wohl ei­nen flat white, ich glau­be das ist ein kaf­fee mit de­me­ter-milch­schaum, wer­de ich dort ir­gend­wann noch­mal pro­bie­ren.


über­set­zungs­lü­cken

felix schwenzel

  • ori­gi­nal: „Now, if you’ll ex­cu­se me, I have to go grind a gap in my front tee­th.“
  • über­set­zung von faz-re­dak­teur mi­cha­el han­feld: „Wenn Sie mich nun ent­schul­di­gen, ich muss die Lü­cke zwi­schen mei­nen Vor­der­zäh­nen schlie­ßen.“
  • über­set­zung goog­le trans­la­te: „Nun, wenn Sie mich ent­schul­di­gen, 1 müs­sen an Dann ge­hen die von der Lü­cke in der My vor­de­ren Zäh­ne.“
  • über­set­zung vom bing-über­set­zer: „Jetzt, wenn Sie mich ent­schul­di­gen, ich muss ge­hen, eine Lü­cke in mei­ne Vor­der­zäh­ne zu mah­len.“
  • mei­ne über­set­zung: „wenn Sie mich nun ent­schul­di­gen wür­den, ich muss mir eine lü­cke zwi­schen die vor­der­zäh­ne schlei­fen“
  • über­set­zung der se­ri­en­jun­kies: „Nun ent­schul­digt mich bit­te, ich muss mir eine Zahn­lü­cke in mei­ne Schnei­de­zäh­ne schar­ben.“

(al­ter­na­tiv gin­ge na­tür­lich auch ein deng­li­scher gag: „ich muss mir ei­nen brief­schlitz in die vor­der­zäh­ne schlei­fen“)

ich hab mir kürz­lich üb­ri­gens auch eine zahn­lü­cke ge­schlif­fen, aus grün­den.


wett­be­wer­ber­ver­zer­rung in der faz

felix schwenzel

ro­bert m. mai­er, der grün­der ei­nes shop­ping-por­tals, dass mitt­ler­wei­le zu axel-sprin­ger ge­hört, durf­te im feuil­le­ton der faz ei­nen text ver­öf­fent­li­chen, der of­fen­bar von nie­man­dem ge­gen­ge­le­sen wur­de (wie bei mir üb­ri­gens auch).

man kann goog­le von sehr vie­len sei­ten aus kri­ti­sie­ren, aber aus der ecke ei­nes sich be­nach­tei­lig­ten füh­len­den, di­rek­ten wett­be­wer­bers ver­liert kri­tik sehr schnell an über­zeu­gungs­kraft. erst recht wenn die kri­tik so un­präz­sise, un­struk­tu­riert und arm an ar­gu­men­ten ver­fasst wird, wie in die­sem fall. an­bei ein paar stel­len, die mir beim le­sen be­son­ders ins auge fie­len.

Goog­le baut auf den Such­ergeb­nis­sei­ten im­mer mehr und im­mer pro­mi­nen­ter Wer­bung für eine Pro­duk­te ein (Goog­le Ad­Words, Goog­le Shop­ping).

das mag schon stim­men, aber was sind „eine Pro­duk­te“?

So zahlt Goog­le an die Her­stel­ler­fir­ma des wich­ti­gen Ad-Blo­ckers Eyoe, da­mit die­se be­stimm­te Wer­bun­gen nicht mehr blockt. Das ist si­cher­lich nicht zum Woh­le al­ler Nut­zer.

die fir­ma heisst eyeo, der ad­blo­cker ad­block plus und wenn man sich die mühe macht an ad­block plus rum­zu­kon­fi­gu­rie­ren, kann man „die­se be­stimm­ten Wer­bun­gen“ durch­aus blo­cken. be­ein­dru­ckend fin­de ich je­den­falls, dass ro­bert m. mai­er ad­blo­cker in der faz als weg zum be­nut­zer­wohl be­zeich­net und ihm fir­men, die ge­gen ad­blo­cker vor­ge­hen, angst ma­chen.

am ran­de be­merkt, faz.net macht so­wohl wer­bung für ad­blo­cker („Fa­zit: Ad­block IE ist eine ge­lun­ge­ne Ant­wort auf Dau­er­wer­bung im Netz“), als auch da­ge­gen.

Über die Ein­hal­tung der Goog­le Gui­de­lines scheint hin­ge­gen Goog­le ganz al­lein zu ent­schei­den, wie es aus­sieht, hin­ter ver­schlos­se­nen Tü­ren, ohne an­de­ren Web­site-Be­trei­bern die Chan­ce zu ge­ben, sich zu ver­tei­di­gen. Was für ein Satz: sich vor Goog­le ver­tei­di­gen!

fin­de ich gut, wenn man sich über sei­ne ei­ge­nen for­mu­lie­run­gen freu­en kann. ich fra­ge mich nur, wie sich das mit den jour­na­lis­ti­schen qua­li­täts­stan­dards der faz ver­ein­ba­ren lässt, über die so­weit ich weiss auch hin­ter ver­schlos­se­nen tü­ren ent­schie­den wird. aber viel­leicht gel­ten die stan­dards bei wer­be­bei­trä­gen von un­ter­neh­mern in ei­ge­ner sa­che nicht. auch be­zahl­te wer­bung re­di­giert die faz ja nicht, war­um soll­te sie dann un­be­zahl­te wer­bung re­di­gie­ren?

Und wenn sich je­mand im Goog­le-Ka­len­der ei­nen Ter­min mit mir ein­trägt, kann es wis­sen, wen ich wann wo tref­fe, ohne dass ich den Goog­le-Ka­len­der nut­zen muss. Da­mit wird das Grund­recht auf in­for­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung aus­ge­he­belt.

das ist har­ter to­bak, scharf an den gren­zen mensch­li­cher und ju­ris­ti­scher lo­gik. denn die „in­for­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung“ wür­de nach die­ser lo­gik mög­li­cher­wei­se auch ver­letzt, wenn „je­mand“ ei­nen ter­min mit ro­bert m. mai­er in sein icloud-syn­chro­ni­sier­tes ipho­ne oder out­look oder eine klo­wand ein­trägt. so ge­se­hen sind adress­bü­cher und ka­len­der wohl un­ver­ein­bar mit der in­for­ma­tio­nel­len selbst­be­stim­mung.

er­staun­lich je­den­falls, eine so fun­da­men­ta­lis­ti­sche da­ten­schutz­an­sicht in ei­nem blatt zu le­sen, dass ganz gut vom adress­han­del lebt und da­für kräf­tig mit­lob­by­iert hat.

Die Steu­ern, die Goog­le ge­gen­über sei­nen deut­schen und eu­ro­päi­schen Wett­be­wer­ben spart, nutzt es, um in mehr Mit­ar­bei­ter, mehr For­schung und Ent­wick­lung so­wie mehr Un­ter­neh­mens­zu­käu­fe zu in­ves­tie­ren. Dies schwächt die eu­ro­päi­schen Fir­men, Staa­ten und letz­ten En­des Bür­ger.

mehr mit­ar­bei­ter, mehr for­schung, ent­wick­lung und un­ter­neh­mens­zu­käu­fe schwä­chen eu­ro­pa? ich ver­mu­te der im­pli­zi­te vor­wurf von ro­bert m. mai­er ist hier, dass goog­le le­ga­le steu­er­spar­tricks aus den such­ergeb­nis­sen fil­tert um die wett­be­wer­ber, eu­ro­pa und die bür­ger zu schwä­chen.


nur mal so aus in­ter­es­se und apro­pos ver­schlos­se­ne tü­ren. kennt je­mand die qua­li­täts­stan­dards der frank­fur­ter all­ge­mei­nen zei­tung? sei es beim raus­re­di­gie­ren von feh­lern oder dem strei­chen von sät­zen, die so tun als ent­hiel­ten sie ar­gu­men­te. und kann neu­er­dings tat­säch­lich je­der un­ter­neh­mer ei­nen un­re­di­gier­ten text in der faz un­ter­brin­gen, wenn er grob in die po­li­ti­sche agen­da der her­aus­ge­ber­schaft passt?


nach­trag:

@wir­res­net Mich hat ge­är­gert, dass vor dem (On­line-)Le­ser ver­steckt wur­de, wer denn Herr Mai­er ei­gent­lich ist. https://t.co/ssE0NX­pqIR

— Pu­blic (@pu­blic­tors­ten) April 11, 2014

an­geb­lich ist das eine ant­wort auf ro­bert m. mai­ers ar­ti­kel von eric schmidt („Der Goog­le-Ver­wal­tungs­rats­chef ant­wor­tet auf alle Kri­ti­ker.“): „Die Chan­cen des Wachs­tums


kurz­kri­tik the ma­chi­ne (und sm­augs ein­öde)

felix schwenzel

the ma­chi­ne: lei­der ziem­lich gu­ter film. itu­nes fasst ihn so zu­sam­men:

With an im­po­ve­ris­hed world plun­ged into a Cold War with a new en­e­my, Bri­tain’s Mi­nis­try of De­fen­se is on the brink of de­ve­lo­ping a game-chan­ging wea­pon. Lead sci­en­tist Vin­cent Mc­Car­thy (Toby Ste­phens) pro­vi­des the ans­wer with his crea­ti­on, ‘The Ma­chi­ne’- an an­droid with un­ri­val­led phy­si­cal and pro­ces­sing skills. When a pro­gramming glitch cau­ses an ear­ly pro­to­ty­pe to de­s­troy his lab, Mc­Car­thy en­lists ar­ti­fi­ci­al in­tel­li­gence ex­pert Ava (Cai­ty Lotz) to help him harness the full po­ten­ti­al of a tru­ly con­scious fight­ing ma­chi­ne.

die ge­schich­te (im film, nicht in der kurz­be­schrei­bung) ist über­aschend ge­wen­det, zu­min­dest ge­gen­über den nor­ma­len gen­re-fil­men. auch er­hol­sam: aus­nahm­wei­se er­zählt der trai­ler mal nicht die hal­be ge­schich­te, son­dern führt auf fal­sche fähr­ten. was mir be­son­ders gut ge­fiel war, dass die mu­sik ein­deu­tig be­zug auf frü­he 70er und 80er-jah­re fil­me nahm. die­se art syn­the­si­zer-sounds habe ich schon lan­ge nicht mehr in ei­nem film ge­hört. auch die an­spie­lun­gen an west-world, den ich mir vor kur­zem ex­tra noch­mal an­ge­se­hen habe, er­freu­ten mich. ich war von west­world zwar mit­tel­schwer ent­täuscht, was aber an ver­än­der­ten seh­ge­wohn­hei­ten lag, zu­min­dest mei­nen. die ha­ben sich in den letz­ten 41 jah­ren doch sehr ver­än­dert. das 2DF hat also, auf ne art, voll recht.

the ma­chi­ne wur­de mei­nen seh­ge­wohn­hei­ten von 2014 sehr ge­recht. das ende vom ende ist zwar ein biss­chen über­pa­the­ti­siert, aber der film ist al­les an­de­re als doof ge­schrie­ben und ein gros­ses, re­la­tiv kur­zes ver­gnü­gen.

wo ich ge­ra­de da­bei bin, apro­pos doof ge­schrie­ben. der hob­bit teil 2 (sm­augs ein­öde) war ja ganz un­ter­halt­sam und tech­nisch ma­kel­los. aber ei­nen sol­chen be­scheu­er­ten quatsch hab ich mir schon lan­ge nicht mehr von ei­nem film er­zäh­len las­sen. dut­zen­de ge­ne­tisch mo­di­fi­zier­te kampf­ma­schi­nen, ein dra­chen und dut­zen­de an­de­re geg­ner wer­fen sich teil­wei­se schwer be­waff­net auf ei­nen hau­fen zwer­ge und ei­nen hob­bit und de­nen ist am ende des fil­mes nicht ein haar ge­krümmt? un­ver­wund­ba­rer ist in der film­ge­schich­te ei­gent­lich nur ein film­held: ja­mes bond. der ist auch seit fast 50 jah­ren jung und sport­lich wie eh und je.

aber im ernst; der hob­bit wäre viel­leicht et­was über­zeu­gen­der ge­we­sen, wenn die zwer­ge und der hob­bit ihre stär­ke aus es­prit und geis­ti­ger be­weg­lich­keit ge­zo­gen hät­ten und der film sich nicht auf gi­gan­to­ma­ni­sche bond-spie­le­rei­en und un­glaub­wür­di­ge tech­nik­spie­le­rei­en ver­las­sen hät­te, um die haa­re sei­ner hel­den zu scho­nen. die tech­nik­gläu­big­keit im hob­bit nahm so ab­sur­de for­men an, dass ich mehr­fach bei­na­he ge­nervt weg­ge­schal­tet und ge­kotzt hät­te.

kurz: the ma­chi­ne ist kurz­wei­li­ger, in­tel­li­gen­ter quark, sm­augs ein­öde eine zu­mu­tung für den ge­sun­den men­schen­ver­stand.


brand eins ei­fert schle­cky sil­ber­stein nach

felix schwenzel

heu­te auf face­book die­sen ein­trag im brand-eins-face­book-strom ge­se­hen. ein ziem­lich wit­zi­ges vi­deo von ei­nem men­schen der sagt, dass ihn vie­le leu­te fra­gen wür­den, wie es sei ein sex­sym­bol zu sein und dann voll auf die fres­se fällt.

(func­tion(d, s, id) { var js, fjs = d.ge­t­Ele­ments­By­Tag­Na­me(s)[0]; if (d.ge­t­Ele­ment­By­Id(id)) re­turn; js = d.crea­te­Ele­ment(s); js.id = id; js.src = "//con­nect.face­book.net/en_US/all.js#xfbml=1"; fjs.par­ent­Node.in­sert­Be­fo­re(js, fjs); }(do­cu­ment, 'scrip­t', 'face­book-jssdk'));


ich fin­de das von der brand eins ein­ge­bet­te­te vi­deo sehr, sehr wit­zig und mei­ne ers­te re­ak­ti­on war: „das muss ich auch üben!“ in al­ler be­schei­den­heit habe ich kürz­lich auch so et­was in der art ver­sucht. lei­der sehr viel unüber­zeu­gen­der:

die brand eins schreibt auf face­book:

Wir wa­ren uns un­ei­nig, ob das un­ter un­se­rem Ni­veau ist. Wahr­schein­lich schon, aber lus­tig ist es trotz­dem.

selbst auf schle­cky­sil­ber­stein.de be­kommt man als le­ser ei­nen ta­cken mehr in­for­ma­ti­on ge­lie­fert, näm­lich, dass es sich im vi­deo „um Schau­spie­ler und Mo­del Taye Diggs“ han­delt.

was mich aber är­gert wun­dert: nie­mand macht sich die mühe nach dem ori­gi­nal und dem kon­text die­ses vi­de­os zu su­chen, das, wie man auf den ers­ten blick er­kennt, bril­li­ant in­sze­niert ist.

nach 2 mi­nu­ten goog­le-bil­der­su­che und ein biss­chen kli­cki-kli­cki fin­det man das ori­gi­nal vine-vi­deo:

spä­tes­tens wenn man sich ein vi­deo in der vine-zeit­leis­te von taye diggs wei­ter zu­rück be­wegt, wird auch dem letz­ten horst klar, dass der um­fall im vi­deo in­sze­niert war:


die ent­schei­den­de fra­ge ist aber: war­um macht sich nie­mand die mühe die quel­le zu fin­den und zu nen­nen und pos­tet/shared statt­des­sen wie ein kopf­lo­ser teen­ager al­les stumpf ins face­book oder sei­ne word­press-in­stal­la­ti­on rein? dass die hohl­bir­nen von schle­cky sil­ber­stein chris­ti­an bran­des statt 3 mi­nu­ten lang das ori­gi­nal zu su­chen, lie­ber den von ei­nem tritt­brett­fah­rer auf you­tube hoch­ge­la­de­nen ab­zug pos­tet ist klar. aber die brand eins?

nicht der witz, der hu­mor oder die po­ten­zi­ell er­zeug­te (fal­sche) scha­den­freu­de des vi­de­os ist un­ter dem ni­veau der brand eins, son­dern die man­geln­de jour­na­lis­ti­sche neu­gier und der man­geln­de jour­na­lis­ti­sche ehr­geiz. wer ist das auf dem vi­deo? was macht der da? war­um macht er das? fake oder echt? hat der typ noch an­de­re wit­zi­ge sa­chen im peto? statt­des­sen: „ha­r­ha­r­har! guckt mal! ha­r­ha­r­har.“ — das ist ge­nau das was ich von der brand eins nicht le­sen und hö­ren will, ge­nau das ge­gen­teil des­sen, was ich an der brand eins schät­ze.

prat über­setzt leo.org üb­ri­gens mit „trot­tel“.


dop­pelt zah­len im al­di

felix schwenzel

es gibt freund­li­che und un­freund­li­che al­dis. ges­tern wa­ren wir mal wie­der im un­freund­li­chen aldi ein­kau­fen. dort fiel ir­gend­wann ei­ner äl­te­ren dame ein glas in­stant-kaf­fee auf den bo­den, das zer­brach und ein biss­chen kaf­fee­duft im aldi ver­teil­te. sie sag­te auch gleich dem per­so­nal be­scheid, dass die res­te be­sei­tig­te und sich für ihre ehr­lich­keit da­mit be­dank­te, ihr an der kas­se zwei glä­ser in­stant­kaf­fee zu be­rech­nen: ein­mal für das ka­put­te glas und ein­mal für das glas, was sie dann tat­säch­lich mit­nahm.

die äl­te­re dame fand dann, dass es eine gute idee sei, das zer­bro­che­ne glas mit­zu­neh­men, um es „zu re­kla­mie­ren“. sie woll­te zwar nicht sa­gen wo sie es re­kla­mie­ren wür­de oder war­um es für die re­kla­ma­ti­on nö­tig sei im be­sitz von scher­ben zu sein, aber die kas­sie­rin­nen woll­ten ihr das zer­bro­che­ne glas so oder so nicht ge­ben.

was mich aber wun­der­te, war die er­klä­rung der kas­sie­re­rin, war­um die kun­din den zer­bro­che­nen kaf­fee wür­de zah­len müs­sen: weil kun­den an­ge­hal­ten sei­en ein­kaufs­wa­gen zu nut­zen, müss­ten kun­den die kei­nen ein­kaufs­wa­gen nut­zen din­ge die ih­nen run­ter­fal­len eben zah­len. rein recht­lich hat­te die kas­sie­re­rin wohl recht. der ju­rist pe­ter der­le­der meint, dass es kei­nen „Rechts­grund­satz“ gäbe, nach dem man wa­ren die ei­nem im su­per­markt ka­putt­ge­hen vor der be­zah­lung auch nicht zah­len müs­se.

trotz­dem scheint es sehr vie­le su­per­märk­te zu ge­ben, auch aldi-fi­lia­len, die das ku­lan­ter hand­ha­ben und mehr wert auf wie­der­keh­ren­de kun­den le­gen, als auf erb­sen­zäh­le­rei und recht­ha­be­rei. manch ein su­per­markt­be­sit­zer er­setzt so­gar ge­le­gent­lich ka­put­te wa­ren aus an­de­ren ge­schäf­ten.


ganz an­de­res the­ma. in­ter­es­sant wie sprin­ger-me­di­en mit­un­ter ar­bei­ten, leis­tungs­schutz­recht hin oder her. das in­ter­view mit dem ju­ris­ten pe­ter der­le­der er­schien am 29.03.2005 auf test.de (und wahr­schein­lich auch in der zeit­schrift der stif­tung wa­ren­test). am 7. april er­schien die­se zu­sam­men­fas­sung des in­ter­views in der bz-ber­lin.de. ab­ge­se­hen da­von, dass die aus­sa­ge von pe­ter der­le­der hier als aus­sa­ge der stif­tung wa­ren­test aus­ge­legt wird, fügt der ar­ti­kel dem ori­gi­nal nicht das ge­rings­te hin­zu. aus der in­ter­view­ant­wort

El­tern müs­sen ihre Kin­der aber auch be­leh­ren. In je­dem Fall ist eine Haft­pflicht­ver­si­che­rung sinn­voll.

macht die bz ei­nen ge­fet­te­ten ab­satz:

Ex­per­ten-Tip: In je­dem Fall ist eine Haft­pflicht­ver­si­che­rung sinn­voll.

aber eins muss man sprin­ger las­sen: kür­zen, fet­ten und such­ma­schi­nen­op­ti­miert schrei­ben kön­nen sie.


ver­gan­gen­heit als at­ti­tü­de

felix schwenzel

heu­te habe ich die­sen text von tho­mas hoof ge­le­sen, dem grün­der von ma­nu­fac­tum und ver­le­ger von akif pi­rin­çcis „Deutsch­land von Sin­nen“. da­nach gin­gen mir in etwa die­se ge­dan­ken durch den kopf:

das neue ber­li­ner schloss, ma­nu­fac­tum und akif pi­rin­çcis ti­ra­den ba­sie­ren alle auf dem glei­chen sen­ti­men­ta­len fehl­schluss: frü­her sah al­les bes­ser aus.

weil der zu­cker­bä­cker­stil des 15. jahr­hun­derts man­chen so viel bes­ser ge­fällt als zeit­ge­mäs­se ar­chi­tek­tur, wird jetzt mit­ten in ber­lin ein hy­per-mo­der­ner, ef­fi­zi­en­ter bau er­stellt, der am ende mit der fas­sa­de von vor ein paar hun­dert jah­ren be­klebt wird. war ja frü­her al­les bes­ser — bis auf die en­er­gie­ef­fi­zi­enz, die haus- und kli­ma­tech­nik, die si­cher­heits­tech­nik, die fens­ter, die put­ze und wand­far­ben, die mö­bel und die scheiss­häu­ser.

ma­nu­fac­tum ver­zich­tet bei der her­stel­lung und den ver­trieb der „gu­ten al­ten din­ge“ na­tür­lich nicht auf mo­derns­te lo­gis­tik, ver­pa­ckungs­tech­nik und mar­ke­ting, in­klu­si­ve ver­trieb und mar­ke­ting im in­ter­net; die­ses ding, das vie­le, nicht nur ma­nu­fac­tum-mar­ke­ting-op­fer, als gar nicht mal so gut und alt be­fin­den. ein mo­der­nes un­ter­neh­men, das men­schen, die die vor­zü­ge der mo­der­nen welt ge­nies­sen, et­was glo­ri­fi­zier­te-alte-welt-make-up zum ab­de­cken der über­kom­ple­xen rea­li­tät ver­kauft.

und jetzt be­män­gelt tho­mas hoff, der her­aus­ge­ber von akif pi­rin­çci, dass vie­le buch­händ­ler sich so wie in der an­geb­lich so gu­ten al­ten zeit ver­hal­ten; ein biss­chen be­tu­lich, sehr vor­sich­tig und sich auf das bauch­ge­fühl — nicht al­go­rith­men — ver­las­send. sol­len sie doch ster­ben und vom mo­der­nen, fort­schritt­li­chen, al­go­rith­mus-ge­trie­be­nen ama­zon in den ab­grund trei­ben las­sen, sagt er. denn ama­zon ver­kau­fe das werk aus hoffs ver­lag, dass die an­geb­lich gute alte zeit, das „alte Deutsch­land“ wie­der zu­rück­wü­ten will, wie war­me sem­meln. die gu­ten al­ten buch­häd­ler (es gibt sie noch), ver­hal­ten sich an­ge­sichts des blöd­sinns den hoof un­ter die leu­te brin­gen will, et­was zu­rück­hal­ten­der.

die zeit die sich pi­rin­çci und vie­le an­de­re zu­rück­wün­schen ist eine, in der es in deutsch­land noch kei­ne um­welt­pro­ble­me gab (weil noch nie­mand drü­ber sprach), kaum min­der­wer­tig­keits­kom­ple­xe gab (es gab stolz und sta­tus) und vor al­lem kei­ne gleich­be­rech­ti­gungs­pro­ble­me gab (es gab kla­re hier­ar­chien). über­ag­gres­si­ve, tes­tes­te­r­on-ver­sprit­zen­de weich­ei­er wie pi­rin­çci muss­ten da­mals™ ihre al­pha­tier­rol­le we­der mit hengst­bis­sig­keit, noch mit ar­gu­men­ten ver­tei­di­gen, son­dern be­ka­men sie dank ih­res ge­schlechts ein­fach auf le­bens­zeit ver­lie­hen.

das ist die wi­der­sprüch­lich­keit der schloss­bau­er, der hoofs und pi­rin­çcis: sie wol­len alle nicht auf die vor­zü­ge der mo­der­nen welt ver­zich­ten — aber sie wün­schen sich nichts sehn­li­cher als dass die­se mo­der­ne welt so wie frü­her™ aus­sieht und sich auch ein biss­chen so an­fühlt. sie ha­ben alle nichts ge­gen den fort­schritt, man soll ihn nur nicht se­hen, kei­ne kon­se­quen­zen aus ihm zie­hen und vor al­lem nicht dar­über re­den! so wie frü­her eben, als die welt noch über­sicht­lich, still und ge­ord­net zu sein schien.


la­ter­pay kurz­test

felix schwenzel

ri­chard gut­jahr vor zwei wo­chen:

Dank La­ter­Pay habt Ihr jetzt zu­sätz­lich die Mög­lich­keit, mich für den ei­nen oder an­de­ren In­halt zu be­zah­len. Mit nur 2 Klicks (!) könnt Ihr wei­ter­füh­ren­de In­for­ma­tio­nen, Gra­fi­ken oder Vi­de­os ab­ru­fen. Eine Art „In-App-Purcha­se“, wie man das aus der Games-Welt kennt – nur eben über­tra­gen auf den Jour­na­lis­mus.

(her­vor­he­bung von mir)

seit ein paar ta­gen kann man jetzt tat­säch­li­chen ei­nen (!) ar­ti­kel bei ri­chard gut­jahr kau­fen, die „Über­set­zung des In­ter­views mit dem Ex-NSA-Mit­ar­bei­ter Wil­liam Bin­ney“ das es auch kos­ten­los auf eng­lisch gibt.

mein ers­ter ver­such war nur so halb von er­folg ge­krönt, nach dem kauf habe ich erst­mal ei­nen ei­gen­ar­ti­gen dar­stel­lungs­feh­ler be­kom­men, der aber auch mit der ak­tu­el­len chro­me ver­si­on zu­sam­men­hän­gen kann die ich ge­ra­de be­nut­ze.

so sieht paid con­tent aus /cc @gut­jahr #la­ter­pay #la­ter­funzt 29 cent be­zahlt und this is what i got: pic.twit­ter.com/PqLL38oX9h

— fe­lix schwen­zel (@di­plix) April 2, 2014

die be­haup­tung mit den zwei klicks ist al­ler­dings ge­wagt. wenn ich mich erst­mal auf der ar­ti­kel­sei­te be­fin­de, was von der gut­jahr.biz-start­sei­te schon­mal min­des­tens zwei klicks ent­fernt ist, öff­net der ers­te klick erst­mal ein la­ter­pay-fens­ter. der kauf lässt sich erst durch den zwei­ten klick tä­ti­gen, wenn man die AGB zur kennt­nis ge­nom­men hat (le­sen: 1 klick, be­stä­ti­gen: 1 klick). ich zäh­le da 4 klicks. mög­li­cher­wei­se muss ich beim nächs­ten kauf auf mei­nem lap­top nicht mehr die AGB le­sen und die kennt­nis­nah­me be­stä­ti­gen (und kom­me so dann tat­säch­lich auf 2 klicks), aber aus­pro­bie­ren kann ich das nicht, weil es aus­ser diesm ei­nen ar­ti­kel noch nichts per la­ter­pay zu kau­fen gibt. spä­tes­tens wenn ich auf ei­nem an­de­ren ge­rät et­was mit la­ter­pay kau­fen will, wer­de ich aber wohl wie­der auf vier klicks kom­men.

also bin ich mit dem ipho­ne auf den ar­ti­kel na­vi­giert (ge­fühl­te 5 klicks) und habe to­des­mu­tig er­neut für 29 cent den ar­ti­kel kau­fen wol­len. ri­chard gut­jahrs blog ist zwar re­spon­si­ve, also auf die be­trach­tung mit mo­bi­len ge­rä­ten op­ti­miert, aber lei­der das auf­pop­pen­de la­ter­pay-fens­ter nicht.

#la­ter­pay auf dem ipho­ne: kann den be­zah­len-but­ton nicht an­scrol­len, mir aber eine tol­le CSS-ani­ma­ti­on an­se­hen („Über La­ter­Pay“). re­spekt.

— fe­lix schwen­zel (@di­plix) April 2, 2014

un­scroll­ba­res la­ter­pay-fens­ter auf dem ipho­ne

das fens­ter lässt sich we­der scrol­len noch kleinska­lie­ren, was sehr be­dau­er­lich ist, weil es so un­nö­ti­ger­wei­se die nut­zung mit ei­nem ipho­ne 4 un­ter­bin­det. ich habe es eben mit ei­nem kind­le fire aus­pro­biert und tat­säch­lich klapp­te der kauf da­mit (mit 4 klicks). was auch klapp­te war mei­nen ver­meint­li­chen dop­pel­kauf durch an­mel­den im kind­le bei la­ter­pay zu stor­nie­ren, bzw. die käu­fe zu­sam­men­zu­le­gen, so dass ich nur ein­mal 29 cent zah­len wer­de müs­sen. ich glau­be zu­min­dest dass das funk­tio­niert, denn das was mir das sys­tem ge­sagt hat, habe ich nur so halb ver­stan­den.

im prin­zip hält la­ter­pay also was es ver­spricht: ein­fa­che, re­la­tiv un­bü­ro­kra­ti­sche ab­wick­lung von kleinst­käu­fen, auch über ge­rä­te­gren­zen hin­weg (wenn man sich sei­ne zu­gangs­da­ten mer­ken kann). was ein biss­chen ir­ri­tiert ist die et­was lieb­lo­se um­set­zung des über­la­ger­ten fens­ters, das nicht mit dem the­me von gut­jahr.biz zu­sam­men­spielt. die la­ter­pay-api scheint auch noch sehr beta zu sein, eben habe ich mehr­fach fol­gen­de feh­ler­mel­dung zu ge­sicht zu be­kom­men:

la­ter­pay-API-feh­ler auf gut­jahr.biz

an­sons­ten könn­te das aber was wer­den, mit la­ter­pay. wenn das dann mal ir­gend­wann funk­tio­niert und zu­gäng­lich ist.


apro­pos feh­ler:

@di­plix #la­ter­play un­ter An­droid: ein Tipp auf "Team" lässt Chro­me ab­stür­zen. pic.twit­ter.com/iiwsgTQ7ck

— Den­ny (@dis­kos­tu_muc) April 2, 2014


or­ga­nic fu­ture

felix schwenzel

ans­gar hat heu­te aus ir­gend­ei­nem an­lass ein post auf face­book ver­öf­fent­licht, das auch auf mei­ner time­line er­schien.

(func­tion(d, s, id) { var js, fjs = d.ge­t­Ele­ments­By­Tag­Na­me(s)[0]; if (d.ge­t­Ele­ment­By­Id(id)) re­turn; js = d.crea­te­Ele­ment(s); js.id = id; js.src = "//con­nect.face­book.net/en_US/all.js#xfbml=1"; fjs.par­ent­Node.in­sert­Be­fo­re(js, fjs); }(do­cu­ment, 'scrip­t', 'face­book-jssdk'));

 

die ar­beit ist das sinn­bild un­se­res di­plom­pro­jekts or­ga­nic fu­ture. ans­gar hat dan­kens­wer­ter­wei­se ein paar fil­me und ideen von da­mals do­ku­men­tiert. dort sind auch ei­ni­ge un­se­rer da­ma­li­gen fil­me ein­ge­bet­tet, die man sich alle an­se­hen kann, so­bald sich die GEMA und goog­le ge­ei­nigt ha­ben. es gibt auch ein or­ga­nic-fu­ture-you­tube-kon­to mit den fil­men.

die­se do­ku­men­ta­ti­ons­sei­ten hat ans­gar schon ne wei­le on­line (auf die bil­der kann man kli­cken):

 
 


vor neun jah­ren habe ich ei­nen text über un­ser stu­di­um und ge­mein­sa­mes pro­jekt, dass in­sti­tut für pa­ra­ar­chi­tek­to­ni­sche phä­no­me­ne und die „kal­te plat­te“ ge­schrie­ben.


kaf­fee-wer­bung

felix schwenzel

ja­son kott­ke hat vor ein paar ta­gen ei­nen kaf­fee-kult-wut­aus­bruch von khoi vinh ver­linkt. ich bin beim le­sen im­mer wie­der ge­dank­lich ab­ge­drif­tet, was mir bei zu kom­pli­ziert ge­schrie­be­nen wut­aus­brü­chen im­mer wie­der pas­siert. des­halb neh­me ich mal das zi­tat das auch ja­son kott­kes zur zu­sam­men­fas­sung aus­ge­wählt hat:

In the West, and par­ti­cu­lar­ly in ur­ban cen­ters of the United Sta­tes, we'­ve tur­ned cof­fee into not just a dai­ly ha­bit, but a to­tem of con­spi­cuous con­sump­ti­on. They are "ri­tu­als of self-con­gra­tu­la­ti­on" (a choice phra­se I be­lie­ve I read from Sam Sif­ton, but which I can't seem to source) whe­r­ein we con­ti­nu­al­ly ob­sess over cer­tain cof­fee pur­vey­ors or cer­tain me­thods of bre­wing cof­fee - each new one more com­plex, more Rube Gold­ber­gi­an and more co­mic­al­ly self-in­vol­ved than the pre­vious bre­wing fad.

die ri­tua­li­sie­rung und die kul­ti­sche er­hö­hung von mensch­li­chen tä­tig­kei­ten er­streckt sich wirk­lich auf alle le­bens­be­rei­che. von der nah­rungs­auf­nah­me zum stuhl­gang (schon­mal mo­der­ne ja­pa­ni­sche toi­let­ten ge­se­hen?), von der wahl der fort­be­we­gungs­mit­tel zur wahl der kör­per- und fuss­be­de­ckung hin zur fra­ge ob man knob­lauch bes­ser quetscht, wür­felt, in schei­ben oder mit oder ohne keim ver­ar­bei­tet. über jede, wirk­lich jede ent­schei­dung kön­nen sich men­schen aus­gie­big strei­ten, sei es die wahl des rich­ti­gen te­le­fons, des rich­ti­gen com­pu­ter­be­triebs­sys­tems oder der rich­ti­gen be­lich­tungs­zeit und blen­de bei gän­se­blüm­chen­fo­to­gra­phie. war­um soll­te das ge­ra­de bei kaf­fee an­ders sein?

ich glau­be, man nennt die ri­tua­le der selbst­be­glück­wün­schung von de­nen mög­li­cher­wei­se sam sif­ton oder sonst­wer re­det, in an­de­ren zu­sam­men­hän­gen auch ein­fach kul­tur. wie wir nah­rungs­mit­tel zu uns neh­men, dro­gen, ge­nuss­mit­tel, wie wir uns klei­den oder fort­be­we­gen und uns ge­gen­über an­de­ren ver­hal­ten, die sich eben­falls fort­be­we­gen oder et­was zu sich neh­men oder klei­den, all das kul­ti­vie­ren und re­geln wir im lau­fe von jah­ren, manch­mal de­ka­den oder jahr­hun­der­ten. und nen­nen es dann kul­tur, kon­sum, aus­ge­hen, ge­nuss oder wie auch im­mer.

es gibt nicht we­ni­ge men­schen die sich selbst für sehr kul­ti­viert hal­ten und de­ren re­ga­le sich vor lau­ter ge­sam­mel­ten kul­tur­gü­tern bie­gen, die aber die nase über kul­tu­ren rümp­fen die ent­we­der zu pri­mi­tiv, zu aus­ge­feilt, zu fremd, zu spies­sig, zu hipp, zu un­hipp, zu neu oder ein­fach zu an­ders zu dem was in ih­ren re­ga­len oder schrän­ken steht sind. es gibt men­schen die nen­nen es „spass“, wenn sie mit 200 auf ei­nem zwei­rad durch die ge­gend ra­sen, aber de­ka­dent, wenn man sich kaf­fee aus alum­ni­ni­um­kap­seln zu­be­rei­tet. de­kan­dent und ob­ses­siv sind im­mer die an­de­ren. das was wir selbst tun, nen­nen wir lie­ber „ein biss­chen spass“ oder „ge­nuss“.

man kann sich wirk­lich über alle mög­li­chen ob­ses­sio­nen lus­tig ma­chen; über die ja­pa­ner, wie sie zwang­haft an je­dem deko-de­tail je­des bis­sens ar­bei­ten, über die deut­schen, die ma­yo­nai­se auf al­les kip­pen, fleisch über stun­den hin­weg weich­ko­chen und kaf­fee aus tropf­brüh­au­to­ma­ten trin­ken, über ita­lie­ner die der mei­nung sind es­pres­so schme­cke bes­ser, wenn er in heis­se tas­sen ge­füllt wird und im ste­hen ge­trun­ken wird oder über fran­zo­sen, die dün­nen kaf­fee in ho­möo­pa­thi­scher do­sis in zu heis­se milch kip­pen.

ich mach mich heu­te mal über nichts lus­tig, son­dern ver­su­che mich zu er­in­nern wie sich mein kaf­fee­kon­sum über die jah­re hin­weg ver­än­dert hat.


an mei­ne ers­te tas­se kaf­fee kann ich mich lei­der nicht er­in­nern. ich bin aber si­cher, dass es klas­si­scher deut­scher fil­ter­kaf­fee war, mit milch und zu­cker. wor­an ich mich al­ler­dings in mei­ner ju­gend er­in­ne­re, war das auf­kom­men von kaf­fee­ver­kaufs­stel­len bei bä­ckern und den duft den das kaf­fee­mah­len ver­ström­te. die­ser duft macht wo­mög­lich ab­hän­gi­ger als das kof­fe­in im kaf­fee. als ich mit 15 oder 16 re­gel­mäs­si­ger gast im aa­che­ner dom­kel­ler wur­de, wur­de ich auch re­gel­mäs­si­ger kon­su­ment des dort ge­reich­ten „milch­kaf­fee“. der wur­de dort mit viel milch und ein biss­chen dün­nen kaf­fee aus so­was wie ei­ner sieb­trä­ger-es­pres­so­ma­schi­ne ser­viert. schmeck­te wie das zeug, was man in frank­reich als café au lait ser­viert be­kommt.

hin und wie­der, wenn ich mit mei­nen el­tern mal es­sen ging, gabs zum ab­schluss ei­nen es­pres­so. die­se abend­li­chen es­pres­si knall­ten wit­zi­ger­wei­se im­mer ge­nau­so so, wie man sich wünscht, dass der mor­gen­tli­che kaf­fee knal­len wür­de, aber fast nie tut. bis zu mei­nem un­ge­fähr sieb­zehn­ten le­bens­jahr habe ich mehr oder we­ni­ger nur fil­ter­kaf­fee ge­trun­ken, mit ge­le­gent­li­chen es­pres­so-zwi­schen­fäl­len. ein ein­zi­ges mal habe ich in aa­chen im café van den dae­le ei­nen kaf­fee ge­trun­ken, der di­rekt in die tas­se ge­brüht wur­de, mit so ei­nem edel­stahl­auf­satz, in dem das kaf­fee­pul­ver war und aus dem un­ten dann der kaf­fee in die tas­se tropf­te. bis auf die ap­pa­ra­tur, fand ich den kaf­fee nicht be­son­ders be­ein­dru­ckend.

ich kann mich an kei­nen ein­zi­gen kaf­fee er­in­nern, den ich in mei­nem aus­tausch­jahr in den USA ge­trun­ken habe. gut mög­lich, dass ich mei­nen kof­fe­in­be­darf aus­schliess­lich mit soft­drinks ge­stillt habe — oder ein­fach kei­nen be­darf hat­te. ein paar jah­re nach mei­ner rück­kehr hielt bei uns eine die­ser auf-den-herd-stell-es­pres­so-kan­nen ein­zug. ich fand den kaf­fee im­mer ein biss­chen bäh, im­mer ent­we­der zu sau­er, zu schwach oder zu stark und oft mein­te ich gum­mi­dich­tungs­ge­schmack wahr­zu­neh­men.

nach mei­ner aus­bil­dung fuhr ich er­neut für ein paar wo­chen in die USA, 2 wo­chen new york und 2 wo­chen se­at­tle, bzw. wa­shing­ton sta­te. in new york früh­stück­te ich meist in ei­nem di­ner an der co­lum­bus ave­nue. dort liess ich mir acht bis 10 tas­sen kos­ten­los nach­fül­len, bis sich ein biss­chen kof­fe­in-krib­beln be­merk­bar mach­te. ge­schmack­lich konn­te ich der ame­ri­ka­ni­schen kaf­fee­plör­re durch­aus et­was ab­ge­win­nen, der deut­sche fil­ter­kaf­fee war mir jah­re­lang zu bit­ter. der ame­ri­ka­ni­sche kaf­fee ver­ur­sach­te aber auch ei­ni­ges mehr an harn­drang als ich ge­wohnt war. aber da es in new york an fast je­der ecke ein mc­do­nalds gibt, war das auch kein pro­blem.

in den zwei wo­chen be­merk­te ich new york erst­mal auch eine neue art café. es gab qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge back­wa­ren, kek­se, ku­chen und eben auch cefé lat­te und son ge­döns — in papp­be­chern. ich habe in der zeit hin und wie­der sol­che lä­den auf­ge­sucht, al­ler­dings (in mei­ner er­in­ne­rung) we­ni­ger we­gen des kaf­fees (den ich le­cker fand), son­dern we­gen der sitz­plät­ze di­rekt im fens­ter. ich fand es gab nichts gross­ar­ti­ge­res als in new york an ei­ner be­leb­ten stras­se in ei­nem fens­ter zu sit­zen und auf die stras­se zu se­hen. und viel­leicht zu le­sen. spä­ter in se­at­tle habe ich auch zum ers­ten mal die mar­ke star­bucks wahr­ge­nom­men. das muss al­les so ge­gen 1993/94 ge­we­sen sein.

zu­rück in deutsch­land gab es dann durchs stu­di­um hin­durch fast aus­schliess­lich fil­ter­kaf­fee. viel fil­ter­kaf­fee. ge­le­gent­li­che es­pres­si nach dem es­sen oder bei ita­li­en-rei­sen wa­ren si­cher­lich da­bei, aber fil­ter­kaf­fee war ne­ben lei­tungs­was­ser und bier eins mei­ner grund­nah­rungs­mit­tel. bis ich zum ende des stu­di­ums um­zog und das her­bertz in der im­menho­fer stras­se ent­deck­te. über min­des­tens zwei jah­re bin ich dort je­den mor­gen hin­ge­gan­gen und habe eine oder zwei oder drei „me­lan­ge“ ge­trun­ken (was, zu­min­dest aus her­bert oko­low­skis hand, eine art sehr star­ker café lat­te war) und ein lau­gen­bröt­chen mit sa­la­mi und käse ge­ges­sen. der kaf­fee-ge­schmack im her­bertz war lei­der sehr prä­gend für mich — zu­min­dest für das, was ich als wirk­lich gu­ten kaf­fee emp­fin­de. mich hielt und hält die­se mess­lat­te nicht da­von ab, an­de­re ar­ten kaf­fee zu trin­ken und zu schät­zen, aber wirk­lich gu­ter kaf­fee muss seit dem her­bertz wirk­lich stark sein, ohne bit­ter­stof­fe, mit meh­re­ren mil­li­me­tern cre­ma. bes­te er­in­ne­run­gen habe ich auch an das klei­ne steh­ca­fé im oder am tag­blatt­turm. dort gab es ert­klas­si­gen illy-es­pres­so, der mir da­mals in der kom­bi­na­ti­on mit ei­nem fei­er­abend­bier be­son­ders gut schmeck­te.

die letz­ten jah­re in stutt­gart, aber auch die ers­ten jah­re in ber­lin hat­te ich de-fak­to kein zu­hau­se. ich habe in mei­ner woh­nung le­dig­lich über­nach­tet und ge­duscht, ge­ges­sen, kaf­fee ge­trun­ken, ge­ar­bei­tet und ge­bloggt habe ich mehr oder we­ni­ger in wech­seln­den bü­ros und wech­seln­der gas­tro­no­mie. in den ers­ten 5 jah­ren ber­lin (min­des­tens), bin ich je­den mor­gen ins cof­fee­ma­mas ge­gan­gen und habe dort zwei bis drei kaf­fee lat­te ge­trun­ken. ne­ben dem über­ra­gend le­cke­ren, selbst ge­rös­te­ten kaf­fee moch­te ich dort ins­be­son­de­re, wie da­mals in new york, das im fens­ter ste­hen und die men­schen be­ob­ach­ten. ir­gend­wann öff­ne­te in ber­lin auch ein star­bucks, in den sel­te­nen fäl­len in de­nen ich dort hin ging, trank ich fil­ter­kaf­fee mit milch­schaum, der war der güns­tigs­te und schmeck­te nicht übel. scher­zahft nann­te ich star­bucks da­mals auch im­mer wu­cher­pfen­nig. eben­falls sehr gu­ten kaf­fee gabs im ca­ras, da bin ich im­mer hin, wenn das cof­fee­ma­mas zu hat­te oder noch nicht of­fen weil die be­die­nung ver­schla­fen hat­te. zum star­bucks bin ich al­ler­dings im­mer ger­ne aufs klo ge­ge­gan­gen — was ich da­mals auch aus­gie­big im in­ter­net do­ku­men­tier­te. lang­jäh­ri­ge le­ser wer­den sich er­in­nern.

2007 pas­sier­te et­was un­ge­heu­er­li­ches und mir bis da­hin un­vor­stell­ba­res. wir schaff­ten uns eine nes­pres­so-ma­schi­ne an, ob­wohl ich sol­chen über­teu­er­ten sys­tem­kaf­fee bis da­hin für völ­lig blöd­sin­nig hielt. nach­dem wir den kaf­fee ein paar mal aus so ei­ner ma­schi­ne bei mei­ner schwes­ter pro­biert hat­ten, liess ich all mei­ne be­den­ken fah­ren. der haupt­grund war in mei­ner er­in­ne­rung, dass wir bei­de die schnau­ze voll hat­ten von den auf-den-herd-stell-es­pres­so­känn­chen. die din­ger führ­ten re­gel­mäs­sig zu sprit­zen­dem kaf­fee, ver­brann­ten fin­gern und scheuss­li­chem kaf­feee. für mich war der nes­pres­so-kaf­fee, wenn ich in ham­burg war, eine ech­te al­ter­na­ti­ve zum café-aus­ge­hen. auch preis­lich er­schei­nem ei­nem 30-40 cent im ver­gleich zu 3-4 euro nicht so doll. die nes­pres­so-ma­schi­ne hat mich in den letz­ten jah­ren auch fast voll­kom­men vom mor­gend­li­chen café-be­su­chen ab­ge­hal­ten.

2008 bin ich mit der bei­fah­rein und dem kind wie­der in und durch die USA ge­reist. un­ter an­de­rem, um in las ve­gas zu hei­ra­ten. auf un­se­rer hoch­zeits­rei­se durch den wes­ten der USA sind wir lei­der zu re­gel­mäs­si­gen star­bucks­gäs­ten ge­wor­den. ein­fach weil es dort für ame­ri­ka­ni­sche ver­hält­nis­se den bes­ten kaf­fee gab. zu­min­dest auf dem fla­chen land. und aus fla­chem land be­stehen die USA nun­mal zum gros­sen teil. be­vor die bei­fah­re­rin vor un­ge­fähr zwei jah­ren nach ber­lin zog, bin ich im­mer noch re­gel­mäs­sig zum früh­stü­cken in ber­lin in ca­fés ge­gan­gen. meis­tens das bal­zac an der schön­hau­ser al­lee. spä­tes­tens als der la­den auf der ekel­lis­te des ord­nungs­amt pan­kow auf­tauch­te, trin­ke ich den kaf­fee in sol­chen lä­den im­mer im papp­be­cher. aber wahr­schein­lich ist das nur eine USA-an­ge­wohn­heit die ich mir als tick zu­ge­legt habe.

vor ein paar wo­chen las ich mal wie­der über die aero­press-kaf­fee­ma­schi­ne (vor­her wie­der­holt bei cory doc­to­row) und ent­schied mich, das ding mal aus­zu­pro­bie­ren. [ama­zon-wer­be­link] für knapp 25 euro kann man da ja nicht viel falsch ma­chen, dach­te ich. zu­hau­se hat­ten wir noch ein pa­ket dall­mayr pro­do­mo mit ei­ner ge­schenk­schlei­fe im schrank ste­hen. muss ir­gend­wann mal je­mand mit­ge­bracht ha­ben. der ers­te kaf­fee den ich mit der aero­press aus dem dall­mayr pro­do­mo press­te, knall­te wie ein abend­li­cher re­stau­rant-es­pres­so. der ge­schmack war stark, ohne ech­ten es­pres­so-ge­schmack, aber auch völ­lig ohne bit­ter­stof­fe — al­ler­dings auch ohne cre­ma. zu mei­nem ge­burts­tag be­kam ich von der bei­fah­re­rin und dem kind eine elek­tri­sche kaf­fee­müh­le und ein kilo fai­re bio-kaf­fee­boh­nen aus gua­te­ma­la ge­schenkt. wenn ich die­se boh­nen ganz fein mah­le, bil­de ich mir ein, dass der kaf­fee aus der aero­press eine leich­te ka­kao-note be­kommt. er ist wei­ter­hin stark und nicht bit­ter und ohne das ty­pi­sche es­pres­so-röst­aro­ma. aber köst­lich. die zu­be­rei­tung ist et­was kom­ple­xer als mit der nes­pres­so-ma­schi­ne, aber ich trin­ke ihn ähn­lich: eine tas­se, die mit ⅔ milch ge­füllt ist, er­wär­me ich 30 se­kun­den in der mi­kro­wel­le und kip­pe dann die hälf­te des kaf­fee­ex­trakts, dass aus zwei­ein­halb gros­sen kaf­fee­löf­feln kaf­fee­pul­ver und ca. 100 mil­li­li­ter was­ser be­steht, dazu.

bei der aero­press kann man an vie­len va­ria­blen dre­hen: der was­ser­tem­pe­ra­tur, dem mahl­grad, der län­ge des rühr­vor­gangs, des press­vor­gangs und der kaf­fee­sor­te. auf die­se va­ria­blen habe ich mit be­dacht jah­re­lang dan­kend ver­zich­tet und ehr­lich­ge­sagt ist das der ent­schei­den­de punkt bei nes­pres­so: der kaf­fee ist nah­zu im­mer gleich­blei­bend gut (für man­che auch gleich­blei­bend schlecht). die ein­zi­ge va­ria­ble die man ver­stel­len kann ist die art der kap­sel. da das was aus der aero­press her­aus­kommt bis­her auch mit ver­schie­de­nen va­ria­blen köst­lich war, freue ich mich dar­auf wie­der an den stell­schrau­ben dre­hen zu kön­nen oder ver­schie­de­ne re­zep­te aus­zu­pro­bie­ren. da­von scheints reich­lich zu ge­ben.


[Wer­bung]

Ich habe auf Ebay eine Kol­lek­ti­on an­ge­legt, in der ich die Ma­schi­nen und Zu­ta­ten, mit de­nen ich in den letz­ten paar Jah­ren Zu­hau­se und im Büro Kaf­fee ge­macht habe, auf­lis­te. Mehr oder we­ni­ger al­les in die­ser Kol­lek­ti­on be­sit­ze oder nut­ze ich und kann ich aus vol­lem Her­zen emp­feh­len.

wirklich guter kaffee (Ebay-Kollektion)

[Für die Er­stel­lung und Be­wer­bung von ein paar Ebay-Kol­lek­tio­nen habe ich ein (pau­schal) Ho­no­rar be­kom­men. Et­was mehr zu den Ebay-Kol­lek­tio­nen habe ich hier ge­schrie­ben.]


fai­re nut­zung

felix schwenzel

die schwei­zer zei­tung der bund, schreibt in ei­nem info-kas­ten zu die­sem ar­ti­kel un­ter an­de­rem:

Auf­grund der un­kla­ren Rechts­la­ge ist es in der Me­di­en­bran­che je­doch Stan­dard, dass Fo­to­gra­fen für ihre Bil­der ent­schä­digt wer­den, un­ab­hän­gig da­von, ob ein ur­he­ber­recht­lich ge­schütz­tes Werk vor­liegt oder nicht.

von der über­schrift des ar­ti­kels, „SVP kämpft mit ge­stoh­le­nem Bild ge­gen Chao­ten“, könn­te man auch dar­auf schlies­sen, dass ein teil der re­dak­ti­on des bun­des der mei­nung ist, dass die un­li­zen­sier­te nut­zung ei­nes bil­des dieb­stahl ist. ich sehe das aus ver­schie­de­nen grün­den an­ders und hal­te be­grif­fe wie dieb­stahl oder ei­gen­tum im zu­sam­men­hang mit im­ma­te­ri­el­len gü­tern für kampf­be­grif­fe (mehr dazu wei­ter un­ten).

trotz­dem fin­de ich, soll­te man sich an sei­nen ei­ge­nen wor­ten mes­sen las­sen.

die­se mes­sung fiel beim bund sehr ent­täu­schend aus.

vor vier wo­chen ent­deck­te die bei­fah­rein auf ei­ner sei­te des bund ein foto das sie vor 5 jah­ren auf­ge­nom­men und ver­öf­fent­licht hat­te. das foto war we­der mit ei­nem hin­weis auf die ur­he­be­rin, noch mit ei­nem link auf die quel­le ver­öf­fent­lich wor­den. aus­ser­dem wur­de in das bild noch das logo des fuss­ball­blogs der zei­tung mon­tiert.

weil ich neu­gie­rig war, wie der bund die­se bild­nut­zung mit den stan­dards der me­di­en­bran­che, von de­nen er sei­ne re­dak­teu­re schwa­dro­nie­ren lässt, in ein­klang brin­gen möch­te, schrieb ich ei­nen mit­tel­freund­li­chen brief:

Von: fe­lix schwen­zel
Ge­sen­det: Mon­tag, 17. Fe­bru­ar 2014 23:08
An: Re­dak­ti­on
Cc: Ka­tia Kelm
Be­treff: un­ge­frag­te bild­nut­zung und gra­tis­men­at­li­tät beim „zum run­den le­der“

hal­lo,

auf ei­nem ih­rer blogs nut­zen sie ein bild mei­ner frau ka­tia kelm zur il­lus­tra­ti­on ei­nes ih­rer bei­trä­ge http://blog.der­bund.ch/zum­run­den­le­der/blog/2011/10/03/be­denk­li­che-blog­ger/
http://ka­tia­kelm.de/blog/2009/06/14/ar­beits­platz­in­fer­no/

das bild wur­de beim „zum­run­den­le­der“ un­ge­fragt, ohne quel­len­hin­weis und ohne link zur quel­le seit 2011 ge­nutzt. zu­dem wur­de das logo des fuss­ball­blogs hin­ei­n­eg­pho­to­shop­ped. ir­ri­tie­ren­der­wei­se steht un­ter dem ar­ti­kel voll­mun­dig: „© Ta­me­dia AG 2010 Alle Rech­te vor­be­hal­ten“

ich woll­te mal fra­gen ob das in ih­rem haus üb­lich ist, fo­tos aus dem in­ter­net ein­fach zu nut­zen, ohne den ur­he­ber da­von in kennt­nis zu set­zen und das ei­ge­ne co­py­right drun­ter zu flan­schen oder ob sie sich an die stan­dards der me­di­en­bran­che hal­ten, von de­nen sie in ei­nem ih­rer ar­ti­kel schwa­dro­nie­ren:

http://www.der­bund.ch/bern/nach­rich­ten/SVP-kaempft-mit-ge­stoh­le­nem-Bild-ge­gen-Chao­ten/sto­ry/24431630

Auf­grund der un­kla­ren Rechts­la­ge ist es in der Me­di­en­bran­che je­doch Stan­dard, dass Fo­to­gra­fen für ihre Bil­der ent­schä­digt wer­den, un­ab­hän­gig da­von, ob ein ur­he­ber­recht­lich ge­schütz­tes Werk vor­liegt oder nicht.

im im­pres­sum der sei­te sei­te mei­ner frau ste­hen die nut­zungs­be­din­gun­gen ei­gent­lich un­miss­ver­ständ­lich:

http://ka­tia­kelm.de/im­pres­sum/

Die Fo­tos sind von ver­schie­de­nen Leu­ten ge­macht wor­den. Von wem steht in den je­wei­li­gen Ein­trä­gen. Für die meis­ten bin ich In­ha­be­rin des Ur­he­ber­rechts, für die­se gilt: bei Na­mens­nen­nung und Ver­lin­kung mei­ner Sei­te dür­fen sie die Bil­der ger­ne ko­pie­ren und ver­brei­ten. Es darf sich da­bei al­ler­dings nicht um ei­nen kom­mer­zi­el­len Zweck han­deln und die Bil­der dür­fen nicht ver­än­dert wer­den.
Bil­der de­ren Ur­he­ber­recht ich nicht habe sind im Text ge­kenn­zeich­net. Die dür­fen sie nicht ko­pie­ren.

so­weit ich er­ken­nen kann, ver­folgt ihr ver­lag durch­aus kom­mer­zi­el­le zie­le, sie ver­stos­sen also ein­deu­tig ge­gen die ei­gent­lich recht li­be­ra­len nut­zungs­be­din­gun­gen die mei­ne frau für ihre bil­der ver­gibt.

wir wür­den uns sehr dar­über freu­en, wenn sie uns die fra­ge be­ant­wor­ten wür­den, ob sie sich an die stan­dards der me­di­en­bran­che hal­ten wol­len, oder aus­nah­men da­von ma­chen, wenn kei­ne ge­gen­wehr zu er­war­ten ist.

ich bin kein freund da­von, die un­be­rech­tig­te nut­zung von ur­he­ber­recht­lich ge­schütz­ten wer­ken als „dieb­stahl“ zu be­zeich­nen, aber wit­zi­ger­wei­se se­hen sie oder tei­le ih­rer re­dak­ti­on das of­fen­bar an­ders, wie sie hier nach­le­sen kön­nen:
http://www.der­bund.ch/bern/nach­rich­ten/SVP-kaempft-mit-ge­stoh­le­nem-Bild-ge­gen-Chao­ten/sto­ry/24431630

gruss, fe­lix schwen­zel und ka­tia kelm

in­ter­es­sant fand ich, dass in der ant­wort, die ei­nen tag spä­ter an­kam, nicht mit ei­nem wort auf das voll­mun­di­ge ver­spre­chen ein­ge­gan­gen wur­de, dass fo­to­gra­fen von ver­la­gen die sich an me­di­en­stan­dards hal­ten stets „für ihre Bil­der ent­schä­digt“ wür­den:

Sehr ge­ehr­ter Herr Schwen­zel,

Bes­ten Dank für Ihr Mail. Ich möch­te mich bei Ih­nen und bei Ih­rer Frau für die Ur­he­ber­rechts­ver­let­zung ent­schul­di­gen, die so na­tür­lich nie hät­te statt­fin­den dür­fen. Die­ses Vor­ge­hen ist in un­se­rem Me­di­en­haus selbst­ver­ständ­lich nicht üb­lich, und ich wer­de al­les ver­an­las­sen, da­mit dies auch in un­se­ren Blogs, die zum gros­sen Teil auf frei­wil­li­ger Ba­sis ge­schrie­ben wer­den, so ge­hand­habt wird.

Ger­ne wer­de ich die Lö­schung des Bei­trag­bil­des ver­an­las­sen, und möch­te mich noch ein­mal nach­drück­lich bei Ih­nen ent­schul­di­gen.

auch heu­te, knapp vier wo­chen nach der an­kün­di­gung al­les mög­li­che zu ver­an­las­sen, ist das bild noch on­line. mir und der bei­fah­re­rin ist das ei­gent­lich ziem­lich egal, aber es zeigt doch ziem­lich deut­lich, was man von den äus­se­run­gen, be­teue­run­gen und he­ren grund­sät­zen von re­dak­tio­nen, re­dak­teu­ren und ver­la­gen hal­ten kann: zum gros­sen teil sind das lee­re, be­deu­tungs­lo­se wort­hül­sen, die kläg­lich am all­tag schei­tern.


es ist na­tür­lich kom­pli­ziert. im in­ter­net kann ei­nen nicht nur die nicht li­zen­sier­te bild­nut­zung, son­dern theo­re­tisch auch schon das ein­bet­ten von you­tube-vi­de­os, tweets oder an­de­ren in­hal­ten in ur­he­ber­rechts­fal­len tap­pen las­sen. das pos­ten von links auf face­book führt fast im­mer dazu, dass sich face­book ein vor­schau­bild von der ver­link­ten sei­te holt und mal klein, mal grös­ser auf der ei­ge­nen face­book­sei­te an­zeigt. selbst ein so ele­men­ta­rer be­stand­teil des di­gi­ta­len le­bens wie das ver­lin­ken von web­sei­ten, liegt in ei­nem für lai­en völ­lig un­durch­schau­ba­ren rechts­ge­strüpp. noch kom­pli­zier­ter wirds wenn man die­se vor­schau­bil­der selbst, von apps oder an­de­ren web­diens­ten aus­wer­ten lässt. nur ein bei­spiel: die ak­tu­el­le top­mel­dung auf spie­gel.de zeigt ein bild der DPA. die­ses bild wird im quell­text der sei­te auch als open graph bild an­ge­bo­ten:

da­mit bie­tet spie­gel.de das bild der DPA ex­pli­zit für die ver­wen­dung in so­zia­len netz­wer­ken an. diens­te wie twit­ter, pi­ne­rest, goog­le-plus und ei­ni­ge an­de­re wer­ten die­se in­for­ma­ti­on teil­wei­se eben­falls aus und nut­zen die­se vor­schau­bil­der. die rechts­la­ge da­für ist völ­lig un­ge­klärt, wie man auch beim bei­spiel spie­gel sieht. ei­ner­seits sagt spie­gel on­line „nehmt die­ses vor­schau­bild!“, an­de­rer­seits sagt spie­gel on­line klipp und klar:

SPIE­GEL ON­LINE ar­bei­tet mit den all­ge­mei­nen Bild­agen­tu­ren zu­sam­men und kauft Bil­der nur für das ei­ge­ne An­ge­bot. Die Rech­te der Fo­tos blei­ben bei den Bild­agen­tu­ren und kön­nen nicht an Drit­te über­tra­gen wer­den. Bit­te wen­den Sie sich an die ent­spre­chen­de Pres­se- oder Bild­agen­tur, die un­ten rechts in der Ecke des Fo­tos ge­nannt wird.

das in­ter­net ist ein ur­he­ber­recht­li­ches mi­nen­feld. mein per­sön­li­cher weg da­durch ist zu­min­dest zu ver­su­chen fair zu sein. schon klar, das ist ein sehr dehn­ba­rer be­griff. ei­ner­seits kann je­der mei­ne bil­der und tex­te nut­zen und än­dern, auch kom­mer­zi­ell, wenn er mei­nen na­men nennt und das neue werk un­ter der glei­chen li­zenz ver­öf­fent­licht (li­zenz ist im fuss der sei­te ver­linkt). an­de­rer­seits ver­su­che ich bei nut­zung frem­der wer­ke bild­quel­len im­mer zu nen­nen und, wo nö­tig, die li­zenz an­zu­ge­ben. bei ur­he­bern (fo­to­gra­fen, zeich­nern) ver­su­che ich mög­lichst im­mer di­rekt nach­zu­fra­gen ob ich das bild nut­zen darf (bis­her ist die­se fra­ge nie mit nein be­ant­wor­tet wor­den). wenn ich mir un­klar über die li­zenz oder den ur­he­ber bin, ver­su­che ich ei­nen teaser zu bau­en, der nicht das gan­ze bild zeigt und aufs ori­gi­nal ver­weist.

aber so­gar selbst fo­to­gra­fier­te bil­der ber­gen ur­he­ber­recht­li­che pro­ble­me: ein foto kann kunst ent­hal­ten, für de­ren ab­bil­dung man der vg bild-kunst ge­büh­ren zah­len müss­te. per­so­nen ab­zu­bil­den birgt noch mehr po­ten­zi­el­le pro­ble­me.

ja, es ist kom­pli­ziert, aber ich glau­be (ich wie­der­ho­le mich, ich weiss) ent­schei­dend ist im­mer ab­zu­wä­gen und zu ver­su­chen sich fair zu ver­hal­ten. wie heisst fair ei­gent­lich auf schwei­ze­risch?


[nach­trag 17.03.2014, 15:50 h]
die drei sei­ten mit dem blog­bei­trag (eins, zwei, drei) mit dem ent­spre­chen­den bild sind jetzt ge­löscht, bzw. 404. vom ver­lag oder dem ent­schul­di­gungs­re­dak­teur ha­ben wir bis jetzt nichts neu­es ge­hört.


[Wer­bung] Ebay-Kol­lek­tio­nen

felix schwenzel

Ebay hat vor ein paar Ta­gen in Deutsch­land mit ei­ni­gem Pres­se­rum­mel be­nut­zer­ge­ne­rier­te Kol­lek­tio­nen vor­ge­stellt. Wie Ebay sich das die­ses Kol­lek­tio­nen­dings ge­nau vor­stellt, sieht man auf der Landing­pa­ge die Ebay da­für ge­baut hat. Auch die re­gu­lä­re Ebay-Start­sei­te wur­de um­ge­krem­pelt und sieht jetzt, zu­min­dest bei mir, aus wie ein mit Zet­teln voll­ge­kleb­ter Kühl­schrank.

Auf Ebay kann sich jetzt je­der sol­che Kol­lek­tio­nen aus Ebay-Ar­ti­keln zu­sam­men­kli­cken; Samm­lun­gen mit Ar­ti­keln die man an­de­ren emp­feh­len möch­te oder, wie Mo­de­blog­ger das ger­ne tun, Ar­ti­kel die farb­lich gut zu­sam­men pas­sen.

Zum Start der Kol­lek­tio­nen hat Ebay ei­nen Hau­fen „Ex­per­ten und Trend­set­ter“ [sic] ein­ge­la­den um die ers­ten paar hun­dert Kol­lek­tio­nen zu­sam­men­zu­stel­len. Ei­ner da­von bin ich. Weil Ebay mir für die Er­stel­lung von ein paar Kol­lek­tio­nen und da­für, dass ix die­ses Kol­lek­tio­nen­dings hier und an­ders­wo spo­ra­disch er­wäh­ne, ein Ho­no­rar ge­zahlt hat, steht über die­sem Ar­ti­kel fol­ge­rich­tig „Wer­bung“. Aus­ser­dem schrei­be ich zur ein­deu­ti­gen Kenn­zeich­nung mal mit Groß­buch­sta­ben.

Ebay hat mich in mei­ner Spe­zi­al­dis­zi­plin „Life­style“ ein­sor­tiert, zu­sam­men mit an­de­ren Wer­be­fach­leu­ten wie Spree­blick, Nerd­core, Herms­farm oder Herrn Win­kel.

Ich habe kei­ne Ah­nung nach wel­chen Al­go­rith­mus Ebay die Kol­lek­ti­ons­start­sei­te sor­tiert. An­geb­lich funk­tio­niert das nach Ak­tua­li­tät und Be­liebt­heit. Der­zeit taucht erst an hun­dert­acht­zehn­ter Stel­le eine Kol­lek­ti­on von mir auf (die­se Toi­let­ten­schil­der­samm­lung). Kei­ne Ah­nung ob das funk­tio­niert, aber was René Wal­ter kann, kann ich schon lan­ge: hier­mit rufe ich ein­fach mal dazu auf, die­se bei­den, bis­her un­ter­be­auf­merks­am­ten Kol­lek­tio­nen von mir zu kli­cken und zu fol­gen:

Selbstportraits, Ebay-Kunden, die sich selbst fotgrafieren
Statt Google Glass, albern aussehende Brillen gibt es auch von anderen Herstellern als Google.

mar­kus pöh­ler

felix schwenzel

mar­kus, oder den pöh­ler, wie ihn alle nann­ten, habe ich zu­letzt auf ne­les be­er­di­gung ge­se­hen. das ist jetzt un­ge­fähr zwan­zig jah­re her. seit­dem habe ich ihn nicht mehr ge­se­hen und auch nichts von ihm ge­hört. im au­gust des letz­ten jah­res ist mar­kus ge­stor­ben, sei­ne to­des­an­zei­ge und eine „ge­denk­sei­te“ habe ich heu­te per goog­le ge­fun­den.


mar­kus war vor 30 jah­ren mein bes­ter freund. als ich ihn ken­nen­lern­te war ich 14 oder 15. wir ha­ben zu­sam­men das ge­tan, was 15 jäh­ri­ge in den 80ern eben so mach­ten: ge­raucht, ge­trun­ken, ge­kifft, mu­sik ge­hört, com­pu­ter­spie­le ge­spielt, mi­cha­el gross mit­ten in der nacht beim schwim­men in los an­ge­les zu­ge­guckt (bei ei­nem der ren­nen schlug mar­kus vor auf­re­gung eine schei­be ein). ich glau­be wir ha­ben aus­ser der olym­pia­de in LA nie ge­mein­sam fern­se­hen ge­guckt, da­für sind wir aber mal mit 15 ge­mein­sam ins por­no­ki­no ge­gan­gen. als es noch kein in­ter­net gab, muss­te man für so nen scheiss noch män­tel mit ho­hen kra­gen an­zie­hen und in die in­nen­stadt fah­ren. an den wo­chen­en­den sind wir in di­ver­se aa­che­ner clubs ge­gan­gen, die man da­mals noch dis­ko­the­ken oder knei­pen nann­te. er­schüt­tern­der­wei­se sind mir aus­ser dem me­tro­pol in der blon­del­stras­se alle na­men von die­sen da­mals bei­na­he ma­gi­schen or­ten ent­fal­len. wir fühl­ten uns da­mals ziem­lich er­wach­sen — und dach­ten auch dass wir so aus­se­hen. welch ein irr­tum.

nele, pöh­ler, ix

wir ha­ben in der zeit auch ziem­lich oft mäd­chen auf­ge­sucht und un­ter an­de­rem auch an­ge­fan­gen stark par­fü­mier­te tees zu trin­ken. und das nicht nur ge­mein­sam mit den mäd­chen die wir auf­such­ten. bei mo­ni­ka sind wir mal abends über den gar­ten in die ers­te eta­ge in ihr zim­mer ge­klet­tert. mög­li­cher­wei­se zum tee­trin­ken. beim ein­stei­gen ins fens­ter schlug mein fuss ge­gen die ja­lou­sie des wohn­zim­mers, in dem mo­ni­kas el­tern ge­ra­de fern­se­hen guck­ten. wir wa­ren even­tu­ell schon ein biss­chen an­ge­trun­ken, weil wir vor­her auf dem spiel­platz 40pro­zen­ti­gen rum ge­trun­ken hat­ten. wir dach­ten da­mals, dass das ge­gen die bit­te­re käl­te hel­fen wür­de. bei mo­ni­ka hör­ten wir, glau­be ich, wham! auf ei­nem plat­ten­spie­ler mit tan­ge­ti­al­arm (!), ein teil mit fern­be­die­nung, mit dem man lie­der über­sprin­gen konn­te. ei­gen­ar­tig was man sich so al­les merkt und was man ver­gisst. mo­ni­kas el­tern ha­ben üb­ri­gens nicht be­merkt, dass mo­ni­ka her­ren­be­such hat­te und beim aus­stei­gen wa­ren wir of­fen­bar vor­sich­ti­ger.

nie ver­ges­sen wer­de ich den abend an dem ich mar­kus be­such­te und gleich bei ihm im zim­mer ver­schwand, ohne sei­nen el­tern, die zwei zim­mer wei­ter fern sa­hen, hal­lo zu sa­gen. bei uns gab es sonn­tags fast im­mer lamm­bra­ten mit knob­lauch­sos­se (viel jo­gurt, ein biss­chen ma­yo­nai­se, ket­chup, salz, zu­cker und sehr, sehr viel ge­quetsch­ter knob­lauch). nach 20 mi­nu­ten rie­fen mar­kus el­tern laut aus dem wohn­zim­mer rü­ber: „mar­kus? ist fe­lix da? es riecht nach knob­lauch!“


im som­mer 1984 oder 85 sind wir zu­sam­men mit dirk mit der mit­fahr­zen­tra­le nach la­ca­n­au oce­an in frank­reich ge­fah­ren. eine er­fah­rung die wir dort mach­ten hat sich mir sehr ein­ge­prägt: den bil­li­gen land­wein (zwei li­ter fla­sche) aus dem cam­ping­platz-la­den konn­te man mit 10 wür­feln zu­cker ei­ni­ger­mas­sen ge­niess­bar ma­chen. ich glau­be wir wa­ren 2 oder drei wo­chen dort, eine zeit in der un­se­re el­tern nicht wuss­ten ob es uns gut geht — un­ter an­de­rem, weil wir gar nicht auf die idee ka­men, zu­hau­se an­zu­ru­fen. als die fe­ri­en sich dem ende zu­neig­ten, ka­men wir al­ler­dings auf die idee, un­se­re mit­fahr­ge­le­gen­heit an­zu­ru­fen, die ver­spro­chen hat­te uns auch wie­der mit­zu­neh­men. der mann war al­ler­dings nicht zu er­rei­chen. wir fuh­ren mit un­se­rem letz­ten geld mit dem zug zu­rück nach aa­chen. das geld war dann am kai­ser­platz alle, so dass wir uns we­gen mei­ner schwarz­fahr­pho­bie ent­schlos­sen vom kai­ser­platz nach kor­neli­müns­ter zu lau­fen oder zu tram­pen.

was mich im nach­in­ein wun­dert ist, dass wir es über den ur­laub hin­weg ge­schafft ha­ben so mit dem geld zu haus­hal­ten, dass wir es tat­säch­lich zu­rück­ge­schafft ha­ben und dass un­se­re el­tern nicht vor angst um uns wahn­sin­nig ge­wor­den sind (oder wenn sie es wa­ren, es sich nicht ha­ben an­mer­ken las­sen).


der tod schien uns da­mals sehr zu fas­zi­nie­ren. so­wohl tags­über, als auch abends tra­fen wir uns oft auf dem fried­hof an der berg­kir­che in kor­neli­müns­ter. oft auch mit nele. ir­gend­wann hat­ten wir uns vor­ge­nom­men auf dem fried­hof mal zu über­nach­ten, eine mut­pro­be, die wir dann doch nie um­ge­setzt ha­ben. bei ne­les trau­er­fei­er, die in der berg­kir­che statt­fand, frag­te ich mar­kus, ob er sich er­in­nern wür­de, wie wir da­mals oft mit nele auf der freid­hofs­mau­er ge­ses­sen hät­ten. mar­kus ant­wor­te­te da­mals ja, wenn ich mir die­se fra­ge heu­te selbst stel­le, fällt mir auf, dass ich mich nur noch dar­an er­in­ne­re dass wir oft dort sas­sen (und wahr­schein­lich wie die schlo­te rauch­ten), aber nicht an kon­kre­te si­tua­tio­nen mit den bei­den dort am fried­hof. das ein­zi­ge bild das mir ins ge­däch­nis kommt ist, wie ich dort al­lei­ne in der son­ne sit­ze, auf den vom son­nen­licht ge­wärm­ten al­ten, flech­ten­über­sää­ten stei­nen, und von oben auf kor­neli­müns­ter bli­cke.


mar­kus und ich ha­ben uns nie ge­strit­ten, aber dann doch ir­gend­wann aus­ein­an­der­ge­lebt. vor al­lem geo­gra­phisch, als ich 1986 für ein jahr in die USA ging und da­nach nicht nach aa­chen zu­rück­kehr­te, son­dern nach heins­berg zog. aus­ser von ein biss­chen hö­ren­sa­gen, weiss ich nicht was für ein le­ben mar­kus seit dem führ­te und wes­halb er ge­stor­ben ist. auf sei­ner ge­denk­sei­te er­kennt man aber, dass er of­fen­bar ein kind und eine frau hat­te. mir tut das sehr leid und ich bin si­cher, dass er ein sehr gu­ter va­ter und mann war.